Puigdemont nennt politische Gefangene „Schande für Europa“

  07 April 2018    Gelesen: 1542
Puigdemont nennt politische Gefangene „Schande für Europa“

Nach zehn Tagen in deutscher Haft ist Carles Puigdemont wieder ein freier Mann: Er hat das Gefängnis in Neumünster verlassen. Zuvor hatte Kataloniens Ex-Regierungschef eine Kaution in Höhe von 75.000 Euro gezahlt.

Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Freitag unter Auflagen aus dem Gewahrsam in Schleswig-Holstein entlassen worden. Der 55-Jährige verließ kurz vor 14 Uhr die Justizvollzugsanstalt in Neumünster, vor der zahlreiche Journalisten auf ihn warteten. Die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein hatte zuvor die sofortige Freilassung Puigdemonts angeordnet, nachdem er seine Kaution hinterlegt und seinen künftigen Aufenthaltsort in Deutschland mitgeteilt hatte.

In einem kurzen Statement wandte sich Puigdemont an die Reporter. „Ich möchte mich bei allen bedanken für Ihre Hilfe und Solidarität“, sagte er auf holprigem Deutsch. Danach fuhr er auf Englisch fort und bedankte sich bei den Bediensteten der JVA für „ihre Professionalität und ihren Respekt“.

Zugleich forderte er die Freilassung weiterer inhaftierter Mitstreiter. Politische Gefangene seien eine „Schande für Europa“. Der Kampf für die katalanische Unabhängigkeit sei auch ein Kampf für Demokratie.

An die spanische Regierung gewandt sagte Puigdemont, es sei nun die Zeit für einen Dialog gekommen. Es gebe keine Rechtfertigung, nicht Gespräche mit den katalanischen Führern über eine Lösung des Konflikts zu beginnen.

Freilassung nur unter Auflagen

Puigdemont saß seit dem 25. März im Gefängnis von Neumünster in Gewahrsam. Er war am selben Tag auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise an der Autobahn 7 in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Grundlage war ein von Spanien erlassener Europäischer Haftbefehl.

Am Donnerstag erließ das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein einen Auslieferungshaftbefehl gegen Puigdemont, allerdings nur wegen des Vorwurfs der Untreue, nicht aber der Rebellion. Damit könnte Puigdemont in Spanien allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden, sollte er von Deutschland auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls tatsächlich ausgeliefert werden. Dies sehen die Vereinbarungen zwischen den EU-Mitgliedsländern über das vereinfachte europäische Auslieferungsverfahren vor.

Zugleich setzte das OLG den Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug. So darf Puigdemont Deutschland nicht verlassen, muss jeden Wechsel des Aufenthaltsorts mitteilen, sich einmal wöchentlich bei der Polizei in Neumünster melden und hat Ladungen der Justiz Folge zu leisten. Zudem musste er eine Kaution von 75.000 Euro hinterlegen. Die separatistische Organisation ANC (Katalanische Nationalversammlung) teilte mit, dass die Kaution aus der sogenannten „Solidaritätskasse“ der ANC und des Kulturvereins Omnium Cultural bezahlt wurde.

Puigdemonts spanischer Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas wertete die deutsche Gerichtsentscheidung als „großen Erfolg“. Für den Vorwurf der Rebellion würden dem Katalanen in Spanien bis zu 30 Jahre Haft drohen. Puigdemonts deutscher Anwalt Wolfgang Schomburg sagte: „Der Vorwurf der Rebellion ist endgültig vom Tisch.“

Die Entscheidung über die Auslieferung an Spanien fällt bis Ende Mai; sie muss innerhalb von 60 Tagen nach Festnahme getroffen werden.

Quelle: welt


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