Schon im vergangenen Jahr sorgte eine Glocke mit Nazi-Inschrift im pfälzischen Herxheim wochenlang für Schlagzeilen. Erst nach langem Hin und Her, dem Rücktritts des Bürgermeisters und der Untersuchung von Kunsthistorikern entschied die Gemeinde, die Glocke mit der Inschrift „Alles fürs Vaterland – Adolf Hitler“ an ihrem Platz im Turm hängen zu lassen.
Soweit ist es in Schweringen im Landkreis Nienburg nicht gekommen. In einer Nacht- und Nebelaktion bestiegen Unbekannte kurz vor Ostern den Kirchturm. Mit einer Flex entfernten sie das Hakenkreuz samt Inschrift von der Glocke. Sie verfassten ein Bekennerschreiben mit dem Titel: „Frühjahrsputz 2018“.
In dem Schreiben erklären die anonymen Verfasser, Schweringen habe „ein schmutziges, matschiges, nasses … extrem hässliches halbes Jahr hinter sich …“ Es sei Zeit gewesen, mit einem „Frühjahrsputz frischen Wind ins Dorf“ zu bringen. Dazu gehörte auch, die Glocke „vom Taubendreck, vom Dreck der Nationalsozialisten, der nach 80 Jahren noch drohte, die Dorfbevölkerung zu spalten“, zu befreien. Zudem verwenden sie Zitate des deutschen Hipp-Hoppers Peter Fox und von NS-Widerstands-Pastor Dietrich Bonhoeffer.
Hier das Bekennerschreiben, wie es die Landeskirche Hannover auf ihrer Website veröffentlichte.
Es gibt viele offene Fragen zu diesem Fall. Der zuständige Kapellenvorstand in Schweringen hat als Eigentümer der Glocke bis jetzt keinen Strafantrag gestellt. Der Pastor ist in Urlaub. Darum sprach Sputnik mit der zuständigen Landeskirche Hannover. Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann, Sprecher der Landeskirche, sagte:
„Natürlich ist es gut um jedes Hakenkreuz, das es weniger gibt auf der Welt. Trotzdem muss sich die Gemeinde dem Aufarbeitungsprozess stellen. Auch wenn das Hakenkreuz jetzt weg ist, ändert das nichts daran, dass dort sehr viele Jahre lang eine Glocke mit Hakenkreuz hing. Dieser Verantwortung muss sich die Gemeinde stellen.“
Die Landeskirche werde die Gemeinde Schweringen dabei unterstützen. Die Frage, wie die Täter in den Kirchturm gelangen und dort unbemerkt mit einer lautstarken Flex ihr Werk vollenden konnten, wollte Simon-Hinkelmann nicht beantworten: „Das sind Spekulation. Daran möchte ich mich nicht beteiligen.“ In den kommenden Wochen wird ein Experte die Glocke untersuchen und Schäden feststellen. Inzwischen hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen.
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