Deutscher muss in Untersuchungshaft

  18 April 2018    Gelesen: 1627
Deutscher muss in Untersuchungshaft

Seit Freitag befindet sich Adil Demirci, Sozialarbeiter aus Köln, in der Türkei in Polizeigewahrsam. Nun hat ein Istanbuler Gericht nach SPIEGEL-Informationen Untersuchungshaft gegen ihn verhängt.

In der Türkei können Tatverdächtige bis zu zwei Wochen auf der Polizeiwache festgehalten werden, bevor sie an ein Gericht überstellt werden. Im Fall des Kölner Sozialarbeiters Adil Demirci, der am vergangenen Freitagmorgen in Istanbul festgenommen worden war, ging es nun sehr viel schneller: Am Dienstag sagte Demirci gegenüber der Istanbuler Staatsanwaltschaft aus. Noch am gleichen Tag verhängte ein Richter Untersuchungshaft gegen ihn. Das teilte seine Anwältin dem SPIEGEL mit.

Damit steht fest: Demirci, der einen deutschen und einen türkischen Pass besitzt, kommt auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis. In der Türkei kann sich die Untersuchungshaft über mehrere Jahre erstrecken.

Der Fall Demirci dürfte die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei, die sich nach der Freilassung der JournalistenMesale Tolu und Deniz Yücelsowie des Menschenrechtlers Peter Steudtner gerade langsam wieder normalisiert hatten, erneut belasten.

Verdacht auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation

Demirci, 33 Jahre alt, hat als Berater für einen Verein in Nordrhein-Westfalen, der sich um Migranten kümmert, und nebenbei für die linke Nachrichtenagentur Etha gearbeitet, für die auch Mesale Tolu geschrieben hat. Er war gemeinsam mit seiner krebskranken Mutter für einen Kurzurlaub bei Verwandten in Istanbul.

Am frühen Freitagmorgen vergangener Woche wurde die Familie von einem lauten Knall aus dem Schlaf gerissen. Polizisten mit Masken und Waffen stürmten die Wohnung. Sie durchwühlten Schubladen und Schränke, nahmen Demirci fest und brauchten ihn auf die Polizeiwache in der Istanbuler Vatan Straße. Dort werden in der Regel Terrorverdächtige festgehalten.


Zunächst war unklar, was genau Demirci vorgeworfen wird. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte in einer ersten Stellungnahme mit, mit der Familie in Kontakt zu sein, aber nicht zu wissen, ob die Festnahme politisch motiviert war.

Der Richter nannte nun den Verdacht auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Terrorpropaganda als Grund für die Untersuchungshaft. Demircis Anwältin sagte dem SPIEGEL, die Behörden bezichtigen ihren Mandanten, Mitglied der Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) zu sein, die vom türkischen Staat als Terrororganisationen eingestuft wird. Demirci wird offenbar zur Last gelegt, dass er in den Jahren 2013, 2014 und 2015 an der Beerdigung von drei MLKP-Mitgliedern teilgenommen hat, die auf Seiten der kurdischen Miliz YPG in Syrien gekämpft hatten.


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