Söder: Einheimische "nicht mehr vergessen"

  18 April 2018    Gelesen: 1360
Söder: Einheimische "nicht mehr vergessen"

In seiner ersten Regierungserklärung kämpft Bayerns Ministerpräsident Söder um die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl im Herbst. Er präsentiert Vorhaben im Umfang von einer Milliarde Euro.

 

Gleich zu Beginn seiner ersten Regierungserklärung macht Markus Söder deutlich, worum es ihm geht. "Wir wollen keine Zersplitterung der politischen Landschaft", sagt der bayerische Ministerpräsident, der erst vor einem Monat sein Amt angetreten hat. "Wir wollen keine endlosen Streitereien in einer Regierung, wir wollen Stabilität und Sicherheit. Kurz: Wir wollen Bayern und keine Berliner Verhältnisse in unserem Land."

Was er nicht sagt, aber ganz offensichtlich meint: Söder will, dass die CSU bei den Landtagswahlen im Oktober ihre absolute Mehrheit behält. Eine Koalitionsregierung will er um jeden Preis verhindern, die AfD soll möglichst klein bleiben. Seine Regierungserklärung ist nicht "Bayern pur", wie er es nennt, sondern Wahlkampf pur.

Dazu gehört zum einen, Bayern in den blauen Himmel zu loben: "Bayern erlebt goldene Zeiten", "Bayern ist mehr als ein Bundesland, Bayern ist ein Lebensgefühl", "Bayern ist besser als alle anderen, aber es kann noch besser werden" - alles Sätze, die sein Vorgänger Horst Seehofer auch hätte sagen können. Mehr als 130 Mal in seiner rund einstündigen Rede sagt Söder "Bayern" oder "bayerisch".

Die "bayerische Kavallerie" kommt

Zum Wahlkampf gehören jedoch vor allem zahlreiche Ankündigungen. Dazu stellt der Ministerpräsident ein Zehn-Punkte-Programm mit noch viel mehr Einzelplänen vor. Söder kündigt die Einrichtung einer "bayerischen Grenzpolizei" mit insgesamt 1000 Stellen an, die "ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in Deutschland" sein werde. Auch bei der normalen Polizei sollen weitere Stellen geschaffen werden, jede Großstadt in Bayern soll eine Reiterstaffel bekommen - unter dem Gelächter der Opposition und dem Beifall der CSU nennt Söder sie "unsere bayerische Kavallerie". Asylverfahren sollen verkürzt, abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben werden.

Bis 2025 sollen alle Haushalte ans Gigabit-Netz angeschlossen werden, die Verwaltung soll in zwei Jahren vollständig digital sein, in den Schulen sollen "50.000 digitale Klassenzimmer" entstehen. Für kleine und mittlere Unternehmen will Söder eine "Bayern-Cloud" entwickeln, die den Firmen Datensicherheit garantiert. Zudem kündigt er ein zwar nur unbemanntes und suborbitales, aber auf jeden Fall bayerisches Raumfahrtprogramm namens "Bavaria One" an. Dazu soll an der Technischen Universität in Ottobrunn eine eigene Fakultät gegründet werden. Regensburg soll ein Forschungsinstitut für Immun- und Infektionskrankheiten bekommen, Garmisch ein Zentrum für künstliche Gliedmaßen, in ganz Bayern soll ein "Kompetenznetzwerk Künstliche maschinelle Intelligenz" entstehen. Die von der Staatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär, bereits angekündigten Flugtaxis sind für Söder nur eine Bemerkung am Rande. In zehn Jahren soll es in Bayern eine "Referenzstrecke für ein Hyperloop-System" geben - das ist eine noch ziemlich futuristische Idee, bei der Magnetschwebebahnen in Unterdruckröhren mit rund 1000 km/h fahren.

Bis 2025 sollen in Bayern 500.000 neue Wohnungen entstehen, davon 10.000 durch eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft namens "Bayern-Heim". Zusätzlich zum Baukindergeld der Bundesregierung soll es ein bayerisches "Baukindergeld Plus" geben. Außerdem will Söder ein "bayerisches Familiengeld" einführen - die Kitas werden allerdings nicht kostenfrei. Dafür soll es eine "Qualitätsoffensive" für alle Kindertageseinrichtungen geben. In einer "Bildungsoffensive Plus" sollen insgesamt 4000 neue Stellen für Lehrer geschaffen werden. Mit einer Prämie sollen 1000 Ärzte dazu bewegt werden, aufs Land zu gehen. Hebammen sollen vom Staat 1000 Euro pro Jahr bekommen.

Ein Kreuz für alle Behörden

Auch die bayerische Identität will Söder stärken. Künftig soll es in den Schulen einen Unterrichtsschwerpunkt "Mundart und regionale Kultur" geben. In allen Behörden des Freistaats soll "ein sichtbares Kreuz" angebracht werden, denn das Kreuz sei "das grundlegende Zeichen unserer kulturellen Identität". In einem kurzen Abschnitt über Vertriebene und Aussiedler sagt er: "Gerade die Deutschen aus Russland sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft, der mehr Wertschätzung verdient." Für sie soll in Nürnberg ein Kulturzentrum entstehen. Erhebungen haben gezeigt, dass Russlanddeutsche häufiger AfD wählen als die Wähler in Deutschland insgesamt.

Söder sagt, für sein "Zukunfts- und Werteprogramm" brauche er einen Nachtragshaushalt in Höhe von einer Milliarde Euro. "Ich finde es nur gerecht, wenn wir nach der Hilfe für andere jetzt wieder den Schwerpunkt auf die einheimische Bevölkerung legen. Sie hat es verdient."

Kein anderes Land in Deutschland habe so viel für Flüchtlinge geleistet wie Bayern, "das war christlich und sozial zugleich", so Söder. "Aber wir sind der festen Überzeugung, dass die Balance bei diesem Thema stimmen muss. Wir können auf Dauer nicht mehr Geld für Asyl und Integration ausgeben, als für die Etats ganzer Ministerien zusammen." Er fügt hinzu: "Wir helfen anderen gern, aber wir dürfen darüber die einheimische Bevölkerung nicht mehr vergessen, das darf nicht passieren." Rein sprachlich stellt Söder dies als Kurswechsel dar: In der schriftlichen Version der Regierungserklärung, wie sie von der bayerischen Staatskanzlei veröffentlicht wurde, fehlt das Wort "mehr" in diesem Satz.

Jeder in Bayern solle die Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben, Optimismus solle kein Privileg für Erfolgreiche sein, sagt Söder am Ende seiner Rede. Die CSU-Fraktion applaudiert ausdauernd und im Stehen. Der Wahlkampf ist eröffnet.

Quelle: n-tv.de


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