Angesichts der Rekordzahl von Abgeordneten will Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble noch in diesem Jahr einen Vorschlag für die Verkleinerung des Parlaments vorlegen. "Die Wahlrechtsreform wird nicht auf die lange Bank geschoben", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Alle Fraktionen hätten seinem Vorschlag zugestimmt, noch in diesem Jahr gemeinsam zu einem Reformvorschlag zu kommen.
Um mögliche Widerstände der Abgeordneten zu umgehen, schlägt Schäuble allerdings vor, die Reform erst für die übernächste Legislaturperiode anzuwenden: "Da bei jeder Bundestagswahl erfahrungsgemäß etwa ein Drittel der Parlamentarier ausgetauscht werden, wäre die Mehrheit der aktuellen Abgeordneten nicht mehr betroffen. Das könnte ihnen die Zustimmung erleichtern."
Seit der Wahl am 24. September sitzen 709 Abgeordnete im Bundestag - so viele wie nie zuvor. Keine andere westliche Demokratie hat ein so großes Parlament. Eine Reform des Wahlrechts war in der vergangenen Legislaturperiode jedoch trotz mehrerer Versuche nicht zustande gekommen. Schäubles Vorgänger im Amt, Norbert Lammert, hatte damals angesichts "unabsehbarer Größenordnungen" eine Begrenzung auf 630 Abgeordnete gefordert. Der Bundestag hat eine Sollgröße von 598 Sitzen, kann sich allerdings durch Überhang- und Ausgleichsmandate vergrößern. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr nach den Zweitstimmen zustehen. Die Überhangmandate werden wiederum durch zusätzliche Sitze für die anderen Parteien ausgeglichen.
Schäuble wirbt um Verständnis für Osteuropa
Weiter sagte Schäuble der "Welt am Sonntag", dass er ein gemeinsames Asylrecht in Europa für unerlässlich. "Das muss kommen, denn das brauchen wir: einheitliche Verfahren, einheitliche Leistungen", so der CDU-Politiker. Vorher mache auch eine Umverteilung per Quote keinen Sinn. "Denn dann wandern die nach Polen Verteilten sehr schnell nach Deutschland zurück." Bis dahin müsse man akzeptieren, dass Europa auch eine große Verschiedenheit bedeute. "Polen hat andere Erfahrung als wir gemacht und geht anders an die Dinge heran. Das müssen wir respektieren."
Insgesamt forderte Schäuble mehr Verständnis für die Osteuropäer. "Wir sollten unterschiedlichen Gesellschaften auch die Chance lassen, Erfahrungen zu sammeln", mahnte er. "Nach der Wiedervereinigung haben wir auch nicht sofort so viele Asylbewerber in die neuen Bundesländer geschickt, wie es eigentlich bei einer gleichmäßigen Verteilung notwendig gewesen wäre. Die Bevölkerung dort war fremde Menschen noch nicht gewohnt." In Europa werde man nur erfolgreich sein, wenn man Entschlossenheit mit der Bereitschaft verbinde, anderen gegenüber mit anderen Erfahrungen nicht arrogant zu sein: "Nicht belehren, sondern zuhören!"
Quelle: n-tv.de
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