EU will Whistleblower besser schützen

  23 April 2018    Gelesen: 1566
EU will Whistleblower besser schützen

Verräter oder Helden? Wer Rechtsverstöße in Unternehmen oder staatlichen Stellen meldet, soll künftig besser geschützt werden. Entsprechende Pläne für Mindeststandards stellt die EU-Kommission am Montagmittag vor.

Die EU will Whistleblower besser schützen. Nach Plänen der EU-Kommission sollen künftig Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro interne Vorkehrungen dafür treffen, wie sie mit Meldungen von Whistleblowern ("Hinweisgebern") umgehen. Das gleiche soll für Städte oder Verwaltungseinheiten mit mehr als 10.000 Einwohnern gelten. "Jüngste Skandale wie die Panama Papers oder die andauernden Enthüllungen zu Cambridge Analytica zeigen, dass Whistleblower eine wichtige Rolle dabei spielen können, rechtswidrige Aktivitäten aufzudecken, die dem öffentlichen Interesse schaden", heißt es in der Kommission.

Entsprechende Vorschläge für eine EU-Richtlinie, die Mindeststandards für den Schutz festlegt, wollen der Erste Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, und Justizkommissarin Vera Jourová am Montagmittag in Brüsselvorstellen. Nun müssen das Europäische Parlament und der Rat der EU-Mitgliedstaaten sich mit den Vorschlägen beschäftigen. Wenn sie sich einigen, müsste auch Deutschland entsprechende Gesetze erlassen.

Nur zehn von 28 EU-Mitgliedsländern haben umfassende Gesetze zum Schutz von Whistleblowern

Die Kommission reagierte damit auf die Tatsache, dass immer mehr Rechtsverstöße wie die sogenannten Panama Papers oder zuletzt der Datenskandal bei Cambridge Analytica von Whistleblowern aufgedeckt werden. Diese Hinweisgeber gehen dabei zum Teil ein erhebliches persönliches Risiko ein, ihre rechtliche Absicherung ist oft unklar.

Der Franzose Antoine Deltour beispielsweise soll als Mitarbeiter der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers Informationen weitergegeben haben, um die fragwürdigen Steuerdeals zwischen luxemburgischen Finanzbehörden und internationalen Konzernen aufzudecken. Er war in Luxemburgzunächst zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt worden. Erst Mitte Januar hatte Luxemburgs höchstes Gericht dann die Strafe gekippt.

Bislang ist der Schutz von Whistleblowern in der EU sehr unterschiedlich geregelt, nur zehn der 28 EU-Mitgliedsländer haben umfassende Gesetze, in den anderen Ländern sind nur einzelne Sektoren oder bestimmte Arbeitnehmer geschützt. Während in Großbritannien oder Irland Whistleblower beispielsweise gut geschützt sind, gibt es auf Zypern überhaupt keine Regeln.

Selbst Nichtregierungsorganisationen unterstützen den Vorschlag

Der Anwendungsbereich der EU-Vorschläge ist nun recht umfassend gehalten, es geht um Informationen zum Bruch von EU-Recht beispielsweise im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen, den EU-Wettbewerbsregeln oder Umweltschutzvorschriften. Auch der Begriff des Whistleblower ist offenbar recht weit gefasst, darunter sollen nicht nur Angestellte fallen, sondern auch Selbstständige oder Praktikanten.

Unterstützung kommt daher von Nichtregierungsorganisationen, die die Arbeit der EU-Institutionen ansonsten oftmals heftig kritisieren. Die Vorschläge seien "mutig" und kämen "zur rechten Zeit", sagt Transparency International. Sie seien eine "starke Grundlage" für die Verhandlungen mit Rat und Parlament.

Das Europaparlament hatte bei einer Abstimmung im Oktober einen wirksamen EU-weiten Schutz von Informanten gefordert, die im Interesse der Allgemeinheit auf Missstände hinweisen. Ziel müsse ein einheitlicher Rechtsrahmen für den Schutz und die Unterstützung von Hinweisgebern sein. Laut Informationen der EU-Kommission ist der finanzielle Schaden, der wegen fehlenden Schutzes von Hinweisgebern entsteht, enorm. Allein im öffentlichen Auftragswesen sollen EU-weit Schäden in Höhe von 5,8 bis 9,6 Milliarden Euro pro Jahr entstehen. Justizkommissarin Jourová ist sich daher sicher: Die vorgeschlagenen Regelungen seien ein "Game Changer".

spiegel


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