Alles für die Macht

  30 April 2018    Gelesen: 1385
Alles für die Macht

Für Markus Söder und Horst Seehofer zählt nur eins: Das CSU-Ergebnis bei der Landtagswahl am 14. Oktober - koste es, was es wolle. Steuergeld wird rausgehauen, Religion instrumentalisiert.

Das umstrittenste religiöse Symbol der Republik hängt im Erdgeschoss der bayerischen Staatskanzlei. Wer zum Pförtner-Glaskasten spaziert, um sich anzumelden, sieht rechts an der weißen Wand neuerdings ein Kreuz hängen. Dort angebracht hat es CSU-Ministerpräsident Markus Söder persönlich, am vergangenen Dienstag, nach der Sitzung seines Kabinetts.

Söder hängte das Kreuz allerdings nicht in stiller Besinnung auf, sondern vor laufenden Kameras. Seither debattiert Deutschland über den Kreuzzug der CSU. Die Staatsregierung in Bayern hat verordnet, dass künftig alle Behörden so ausgestattet sein sollen: mit einem Kreuz als "sichtbarem Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland".

Es war eine typische Aktion für den Ministerpräsidenten. Der gelernte Fernsehjournalist Söder denkt und plant in Bildern und eingängigen Begriffen: Söder mit Gebirgsschützen, Söder mit Leuchtschwert bei der Verleihung des Computerspielpreises, Söder auf allen Kanälen. Jetzt also mit Kreuz.

Söder war schon immer bereit, so gut wie alles für die Macht zu tun - und jetzt geht es eben um die Verteidigung der absoluten CSU-Mehrheit bei der Landtagswahl am 14. Oktober. Seinen alten Widersacher und Amtsvorgänger Horst Seehofer hat er dabei mit an der Seite. Menschlich mag die beiden so gut wie nichts verbinden, eines aber sehr wohl: der Wille zur Macht. Und so kämpfen die beiden Rivalen nun gemeinsam für das große Ziel, Söder als Ministerpräsident, Seehofer als Parteichef. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hilft von Berlin aus auch mit.


Rücksicht nehmen sie dabei auf niemanden.

Dass Söders Kreuz-Verordnung verfassungsrechtliche Fragen neu aufwirft, die der CSU schon beim Kruzifix-Urteil in den Neunzigerjahren in die Quere kamen, wird erst mal ignoriert. Genauso die Irritationen der katholischen und protestantischen Kirchen. Kritiker werden kurzerhand als "Religionsfeinde" gebrandmarkt.

Der neue Bundesinnenminister Seehofer machte mit seinem "Der Islam gehört nicht zu Deutschland"-Verdikt schon kurz nach Amtsantritt klar, dass seine Agenda mindestens so sehr Bayern wie dem Rest des Landes gilt. Wenn Kanzlerin Angela Merkel daran Anstoß nimmt, ist ihm das wurscht. Und Landesgruppenchef Dobrindt stürzt sich seit Wochen auf jedes Thema, mit dem er seine Idee der konservativen Revolution unterfüttern kann - auch wenn das in der Schwesterpartei CDU Befremden auslöst.

Bei den Christdemokraten beobachtet mancher mit Sorge, dass die CSU-Spitze nur noch auf die Landtagswahl schielt. In Berlin bedeutet das nämlich, dass Seehofer, Dobrindt und Co. sich zur Not auch mal gegen die Große Koalition profilieren, wenn es ihnen zu Hause hilft. Wie man gleichzeitig Regierung und Opposition spielt, hat die CSU in Bayern bereits eingeübt.

Auch Geld spielt fürs Erste offenbar keine Rolle. Die Regierungserklärung Söders in der vergangenen Woche glich einem Sammelsurium kostspieliger Versprechen und großspuriger Ankündigungen: 1000 neue Mobilfunkmasten, 1000 zusätzliche Polizisten bei der Grenzpolizei - jede bayerische Großstadt soll eine Polizei-Reiterstaffel ("bayerische Kavallerie") erhalten. Sogar ein eigenes bayerisches Raumfahrtprogramm ("Bavaria One") wird aufgesetzt. Wer will noch mal, wer hat noch nicht.

Die Umfragen stützen vorerst den Lautsprecherkurs der Spitzenleute. Seit ihrem Tief nach der Bundestagswahl liegt die CSU in Bayern nun wieder deutlich über 40 Prozent, Tendenz steigend. Was Söder besonders freuen wird: Seine Beliebtheitswerte sind besser als die von Seehofer.

45 oder 46 Prozent bei der Landtagswahl könnten schon zur absoluten Mehrheit reichen - für den Fall, dass FDP oder Freie Wähler unter der Hürde von fünf Prozent bleiben und nicht ins Parlament einziehen. Bei seiner Regierungserklärung wandte sich Söder nur der eigenen Fraktion zu, Zwischenrufer aus der Opposition rüffelte er mit dem Hinweis, das Parlament sei doch kein Wirtshaus.

spiegel


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