Dem vom WDR freigestellten Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie, Gebhard Henke, werfen sechs Frauen vor, sie belästigt zu haben. In der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL berichten sie, wie sie von Henke betatscht und begrapscht worden seien, wie er sie an den Po oder an den Bauch gefasst habe, wie er angedeutet habe, sie zu fördern, und dafür offenbar körperliche Zuwendungen erwartete oder wie er immer wieder aus seiner professionellen Rolle gefallen sei. Die Vorwürfe reichen von 1990 bis mindestens 2015.
Eine der Frauen ist Charlotte Roche, die Autorin des Bestsellers "Feuchtgebiete", die Henke 2013 in Köln kennenlernte. "Er gab mir die rechte Hand und legte mir die linke gleichzeitig fest mitten auf den Po", sagt Roche. Sie habe versucht, sich wegzubewegen, doch er habe sich mitbewegt. "Das war schlimm und dauerte gefühlt ewig."
Bis heute, so Roche, mache sie sich Vorwürfe, damals nichts gesagt zu haben. Aber es sei um die Verfilmung eines ihrer Bücher gegangen, sie habe an dem Abend unter Druck gestanden. Das sei falsch gewesen, deshalb spreche sie jetzt. "Vielleicht hilft das ja, dass andere sich auch trauen, etwas zu sagen." Gebhard Henke bestreitet alle Vorwürfe.
Am Donnerstag hatten sich 16 Frauen aus der deutschen Film- und Fernsehbranche mit Henke solidarisiert. In einem offenen Brief, den unter anderem die Schauspielerinnen Caroline Peters und Anna Schudt sowie die Regisseurinnen Feo Aladag und Isabel Kleefeld unterzeichnet haben, heißt es: "Wir haben in der Vergangenheit persönlich mit Gebhard Henke zusammengearbeitet." Und weiter: "Durchaus nicht ohne Konflikte und Machtkämpfe. Auch nicht frei von unterschiedlichen Auffassungen über Männer- und Frauenbilder. Immer jedoch frei von Übergriffen jedweder Art und Schwere."
Fernsehdirektor Jörg Schönenborn ist "überrascht" von den Anschuldigungen. Er arbeite seit Jahren "sehr eng und vertrauensvoll" mit Gebhard Henke. Eine Entlastung von den Vorwürfen schließe er nicht aus, allerdings halte er die Schilderungen der Frauen für "gravierend und glaubwürdig".
Der WDR kämpft seit einiger Zeit mit Vorwürfen, Kollegen hätten Frauen sexuell belästigt. Erst vor wenigen Wochen war ein ehemaliger ARD-Auslandskorrespondent wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung vom WDR freigestellt worden.
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