Athleten in der Nebenrolle

  08 Mai 2018    Gelesen: 1784
Athleten in der Nebenrolle

Der Bund will dem Spitzensport erheblich weniger Geld geben, als dieser sich wünscht. Das liegt vor allem am vergifteten Verhältnis beider Seiten. Auch der Athletenverein leidet darunter.

 

Das nennt man wohl einen Teufelskreis, in dem sich Sport und Politik derzeit bewegen. Die Politik verlangt, dass der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erst einmal seine Leistungssportreform vorantreibt, danach kann er mit mehr Geld rechnen. Der DOSB hält dagegen: Er brauche erst mehr Geld, sonst könne er die Reform nicht zufriedenstellend angehen. Mit dem Ergebnis, dass sich beide Seiten derzeit blockieren.


Seit der Vorwoche ist die Stimmung im DOSB jedenfalls verhagelt, nachdem der Bund seine Haushaltsplanungen öffentlich machte und darin erheblich weniger Geld für den Spitzensport zur Verfügung gestellt wird, als es der DOSB sich gewünscht hatte. Mit etwa 100 Millionen Euro mehr pro Jahr hatte DOSB-Boss Alfons Hörmann gerechnet, bekommen hat er gut 30 Millionen für die kommenden Jahre, für 2018 gibt es gar keinen Zuwachs.

Die Politik folgt dabei einem Gutachten des Bundesrechnungshofs, das sehr kritisch mit dem DOSB ins Gericht geht. Darin heißt es: Der Verband gehe zu schleppend mit der Umsetzung von Strukturveränderungen vor, bei der Reduzierung von Bundesstützpunkten komme man kaum voran. Erst wenn hier mehr geschehe, könne man daran denken, den Sport wieder mit mehr Geld zu bedenken. Hörmann kontert: "Wir sind in der Entwicklung deutlich weiter", als es der Rechnungshof glaube.

Krisensitzung der Verbandschefs

Hörmann hat die Chefs der Mitgliedsverbände daraufhin für diesen Mittwoch zu einer Sondersitzung einberufen, man könnte auch Krisensitzung dazu sagen. In seinem Einladungsschreiben heißt es: "Auf dieser Basis lassen sich die Bedingungen für Athletinnen und Athleten sowie Trainerinnen und Trainern nicht verbessern." Das Scheitern der vom DOSB als Königsprojekt betriebenen Reform stehe im Raum.


Dass der Verbandschef allerdings selbst seinen Anteil daran hat, dass das Verhältnis zwischen Sport und Politik derzeit angespannt ist, darauf weisen Hörmanns Kritiker hin. Sein vorsichtig formuliert offensiver Tonfall gegenüber der Politik hat ihm in Berlin nicht allzu viele Freunde gemacht. Hörmann habe "in schöner Regelmäßigkeit Porzellan zerschlagen", schreibt der Sportinformationsdienst in seinem Kommentar.

Das Scheitern der Hamburger Olympiabewerbung kreidete Hörmann der Politik an. Seine Forderungen nach mehr Geld waren bei den Pressekonferenzen während der Olympischen Winterspiele von Pyeongchang an Deutlichkeit schwer zu überbieten. In Südkorea scheffelten die deutschen Athleten zahlreiche Medaillen. Hörmann wähnte sich mit dieser sportlichen Bilanz im Rücken in der Oberhand.

Athletenverein bangt um seine Förderung

"Die Spannungen zwischen Sport und Politik haben wir bei unseren Gesprächen in Berlin schon deutlich zu spüren bekommen", sagt Athletensprecher Max Hartung zu SPIEGEL ONLINE. Auch er und der von ihm geführte Verein "Athleten Deutschland" hat die Konsequenzen daraus erfahren. Die 225.000 Euro, die der Bund dem unabhängigen Verein noch im April zugesichert hatte, sind aus dem Etatplan zunächst gestrichen worden. "Darüber sind wir natürlich alarmiert", sagt Hartung.


Noch hofft Hartung darauf, dass die gegebenen Zusagen eingehalten werden. "Wir vertrauen da auf die Abgeordneten und auch auf das, was uns der zuständige Staatssekretär Stephan Mayer aus dem Bundesinnenministerium versprochen hat." Im Sportausschuss im April hatten die Bundestagsfraktionen geschlossen das Anliegen von "Athleten Deutschland" unterstützt.

Ob der Bundesrechnungshof mit seiner Kritik am DOSB wirklich Recht hat, das könne man schlecht beurteilen, sagt Hartung. Dass er sich bei der Bewertung zurückhält, hat einen einfachen Grund: Zu den entscheidenden Gesprächen zwischen Sport und Politik waren die Athletenvertreter nicht eingeladen worden. "Dabei steht der Athlet doch im Mittelpunkt", sagt Hartung. Es tut vielleicht ganz gut, daran noch einmal zu erinnern.


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