Durch die Änderung der bestehenden Regelungen könnte das Verfassungsgericht künftig Entscheidungen nur noch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit fällen und nicht, wie bislang, mit einer einfachen Mehrheit. Auch müssen Fälle chronologisch abgearbeitet werden.
Noch heute soll der polnische Präsident Andrzej Duda das Gesetz mit seiner Unterschrift endgültig auf den Weg bringen.
Novelle ruft umfasssenden Widerspruch hervor
Diese Entmachtung des Verfassungsgerichts hatte sowohl innerhalb Polens als auch bei der Europäischen Union scharfe Kritik hervorgerufen. In Polen gingen Zehntausende Demonstranten gegen die neuen Regelungen auf die Straße, auch von der Opposition erntete die Novelle heftigen Widerspruch.
EU-Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans forderte in einem Brief, der tagesschau.de vorliegt, an den polnischen Außenminister Witold Waszczykowski und an Justizminister Zbigniew Ziobro eine Überprüfung der Gesetzesänderung. Darin heißt es unter anderem:
"Die Rechtsstaatlichkeit gehört zu den gemeinsamen Werten, auf denen die Europäische Union gegründet ist."
Die EU-Kommission verfolge daher sehr genau Entwicklungen, die die Rechtsstaatlichkeit eines Mitgliedsstaates in Zweifel ziehen könnten. Dies gelte zum Beispiel, wenn die "Integrität, Stabilität und das ordnungsgemäße Funktionieren eines nationalen Verfassungsgerichts" unterminiert würden.
Zuvor hatte bereits der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn die EU-Institutionen zum Handeln aufgefordert. Die EU-Kommission müsse die polnische Regierung Anfang des Jahres vorladen, so Asselborn im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Es geht um die Grundrechte nicht nur Polens, sondern der EU, die hier verletzt werden."
Das sei in etwa so, als würde man in Deutschland das Bundesverfassungsgericht mundtot machen, erklärte der Asselborn. Die Entwicklung in Warschau erinnere an den Kurs, den auch diktatorische Regime gegangen seien.
Asselborn hatte bereits Anfang der Woche mit scharfen Worten den Rechtsruck in Polen kritisiert: Die Entwicklung sei "furchterregend", sagte der Außenminister im Südwestrundfunk. Auch EU-Parlamentarier hatten gefordert, dass sich die Kommission mit dem Vorgehen der polnischen Regierung befassen müsse.
Im EU-Vertrag ist festgelegt, dass Freiheit, Demokratie und auch Rechtsstaatlichkeit zu achten sind. Ob ein Land diese Grundwerte schwerwiegend verletzt, müssten die Mitgliedstaaten der EU und das Parlament bestimmen. Gelangen diese zu dieser Einschätzung, können dem Land sogar Rechte entzogen werden. Bislang ist das in der Geschichte der EU noch nie passiert. Auch nicht im Fall der rechtsnationalen Orban-Regierung in Ungarn, als diese ein umstrittenes Mediengesetz und eine Justiz-Reform verabschiedete.
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