US-Präsident Donald Trump bekommt keinen klaren Satz zustande, wenn es um Russland geht. Das zeigte sich bei seinem eilig anberaumten Statement am Dienstag besonders deutlich. "Ich akzeptiere den Schluss unserer Geheimdienste, dass Russlands Einmischung in die Wahl 2016 stattgefunden hat", sagte er. Und fügte einen Atemzug später hinzu: "Es könnten auch andere Leute gewesen sein. Es gibt eine Menge Leute da draußen." Dass Trump dann noch eine doppelte Verneinung für seine angeblich missverstandene Haltung zu Russland und den eigenen Geheimdiensten verantwortlich macht, lassen seine Ausführungen nicht konsistenter erscheinen.
Warum wirkt Trump bei Russland noch wirrer als bei anderen Themen? Geht es um den Nahen Osten oder Migration, die Weltwirtschaft oder den heimischen Arbeitsmarkt, scheitert Trump oft an mangelndem Fachwissen. Politiker, die ihm begegnet sind, berichten, dass sich der US-Präsident nicht für Details interessiert. Statt Dossiers seines Stabs und Berichte ausgewiesener Experten zu wälzen, guckt er Dreiminüter bei Fox News. Statt am Telefon oder bei Treffen unermüdlich mit Partnern und Konkurrenten um die richtige Politik zu ringen, verfasst er redundante Nachrichten bei Twitter. Seine kurze Aufmerksamkeitsspanne führt dann noch dazu, dass seine Reden an Stream-of-Consciousness-Geschichten erinnern - nur dass die Erzählungen Trumps wirklich eine ungeordnete Folge von Emotionsausdrücken und Gedankenblitzen sind.
Geht es um Russland, stößt Trump allerdings nicht in erster Linie an die Grenzen seines Wissens oder seiner Konzentrationsfähigkeit. Er stößt an die Grenzen seines Intellekts und seines Anstands. In seiner Russland-Politik zeigt sich besonders deutlich, wie sehr Trump die Unfähigkeit einschränkt, Begebenheiten losgelöst von sich selbst zu betrachten.
Trump nährt den Verdacht, den er zerstreuen will
In seinem Statement von Dienstag sollte es eigentlich vor allem um die Frage gehen, ob Trump seinen Geheimdiensten vertraut. Es liegt nahe, dass Trumps Mitarbeiter ihm ein Manuskript ausgearbeitet haben, das der heftigen Kritik in den US-amerikanischen Medien begegnen sollte. An mehreren Stellen veränderte Trump das Manuskript. Er fügte etwa hinzu: "Es gab keine Absprachen." Gemeint sind Absprachen seines Wahlkampfteams mit Russland. Und weil ihm auch das nicht deutlich genug war, sagte er vor laufenden Kameras noch: "Überhaupt keine."
Es tritt offen zutage, worum es Trump geht. Ihn bewegt in diesem Moment nicht, ob Russland versucht hat, die US-Wahlen zu manipulieren, ihn bewegt, ob die Ermittlungen dazu seinem Wahlkampfteam und ihm selbst gefährlich werden könnten. Trump schafft es nicht einmal an einem Tag, an dem ihm wegen seiner eigensinnigen Kapriolen bereits "Hochverrat" vorgeworfen wird, sich davon zu lösen.
Ob an den Vermutungen, dass sein Team allzu enge Kontakte zum Kreml gepflegt hat, etwas dran ist oder nicht - Trump ist längst Gefangener seiner selbst. Weil er die Erkenntnisse seiner Geheimdienste zu russischen Eingriffen in den US-Wahlkampf nicht von seiner Person trennen kann, wird er - gewollt oder nicht - zum Komplizen Moskaus. Und weil er sein Hin- und Hergerissensein auch noch so offen zur Schau stellt, nährt er selbst den Verdacht, gemeinsame Sache mit dem Kreml zu machen, statt ihn zu zerstreuen.
Wie weit reicht Trumps Eigennutz?
Trump liefert in seinem kurzen Statement noch eine Reihe weiterer Beispiele. Er sagt etwa: "Ich bin völlig davon überzeugt, dass die Einmischung Russlands keine Auswirkung auf den Ausgang der Wahl gehabt hat." Diesmal geht es nicht um die Frage, ob Trump mit dem Kreml gemeinsame Sache gemacht haben könnte, es geht um die Frage, ob er die Wahl 2016 wirklich gewonnen hat. Und weil Trump Zweifel an seinem Triumph offenbar nicht ertragen kann, können russische Hacker in seiner Welt auch keinen Einfluss auf den Wahlausgang genommen haben.
Wie weit die Unfähigkeit Trumps reicht, den russischen Angriff auf die Wahlen als das zu erkennen, was sie waren - ein russischer Angriff auf die Wahlen - zeigt einer seiner jüngsten Tweets vielleicht am deutlichsten. "Einige Leute hassen die Tatsache, dass ich gut mit Russlands Präsident Putin auskomme. Sie würden lieber in den Krieg ziehen, als das zu sehen." Trump glaubt offenbar, dass auch der Rest der Welt nicht unterscheidet zwischen Russlands asymmetrischer Kriegsführung und der Person Trump.
Als der Mann im Weißen Haus noch Wahlkämpfer war, trat er mit dem Versprechen an, "den Sumpf" in Washington, die von Eigeninteressen geleitete Politik der Eliten, trocken zu legen. Mit Blick auf Russland muss wohl gelten: Trump versinkt gerade in seinem eigenen Sumpf. Entweder versteht er nicht, dass es Wichtigeres gibt als ihn selbst: die Demokratie in den USA etwa und das Vertrauen der Bürger in ihre Institutionen. Oder er ist derart auf den persönlichen Vorteil bedacht, dass ihm alles andere egal ist.
Quelle: n-tv.de
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