Auf den Tag genau vier Monate nach seiner Festnahme in Schleswig-Holstein gab Carles Puigdemont in Berlin quasi seine Abschiedspressekonferenz in Deutschland. Die Bundesregierung hatte dem ehemaligen Präsidenten der spanischen Region Katalonien dafür den Saal der Bundespressekonferenz zur Verfügung gestellt. Vor zahlreichen Pressevertretern verkündete Puigdemont sichtlich gut gelaunt und mit der gelben Schleife, dem katalanischen Unabhängigkeitssymbol, am Revers, dass er am Samstag mit seiner Familie nach Belgien zurückkehren wird, wo er von Herbst 2017 bis zu seiner Verhaftung Ende März 2018 seine politische Exilbasis hatte.
Anklagen in Spanien ohne Aussicht auf Erfolg
Seit der Durchführung des von ihm und seinen Anhängern organisierten Unabhängigkeitsreferendums befand sich der ehemalige Präsident Kataloniens auf der Flucht vor der spanischen Justiz. Gegen den Politiker laufen in Spanien Anklagen wegen „Rebellion“ und Veruntreuung von Staatsgeldern. Nachdem das Gericht in Schleswig-Holstein das Gesuch der Spanier auf Auslieferung des katalanischen Separatistenführers im April 2018 abgelehnt und Puigdemont auf Kaution freigelassen hatte, lebte er in Berlin.
Anfang Juli hatte das deutsche Gericht dann doch einer Auslieferung wegen Veruntreuung zugestimmt, den Vorwurf der Rebellion jedoch abgelehnt. Da die spanische Justiz die Chancen, Puigdemont wegen Veruntreuung zu verurteilen, wohl eher schlecht einschätzt, hat die spanische Generalstaatsanwaltschaft den internationalen Haftbefehl gegen den 55-Jährigen vergangene Woche aufgehoben. Allerdings bleibt die Anklage in Spanien und die Aufhebung seines Abgeordnetenstatus durch die spanische Justiz bestehen. Damit kann sich Puigdemont zwar frei in Europa bewegen. In Spanien würde ihm jedoch eine Verhaftung drohen.
Keine Belege für Veruntreuung
Zu den veruntreuten Geldern aus dem Staatshaushalt, die zur Durchführung des Referendums verwendet worden sein sollen, sagte Puigdemont auf der Pressekonferenz, dass selbst der Regierungssprecher im spanischen Parlament zugeben musste, dass keine Gelder aus dem Haushalt fehlen. Darum wird dieser Vorwurf nicht zu halten sein, so Puigdemont. Dies wurde von seinen anwesenden deutschen Anwälten bestätigt. Seine spanischen Anwälte, die ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahmen, erklärten, dass der Prozess gegen Puigdemont in Spanien politisch motiviert ist und sich nicht in erster Linie an der Rechtsprechung orientiere.
Politische Kaltstellung
Puigdemont vermutet, dass die spanische Regierung verhindern will, dass er nach Spanien zurückkehrt, da er dann als Präsident von Katalonien wiedergewählt würde. In Absprache mit ihm ist in Katalonien inzwischen Quim Torra als neuer Regionalpräsident gewählt worden. Dieser hat sich bereits zu Gesprächen mit dem ebenfalls neu gewählten spanischen Regierungschef Pedro Sanchez getroffen.
Puigdemont begrüßte dieses Treffen auf der Pressekonferenz, betonte aber, dass nun die Zeit der Gesten vorbei sei und Fakten geschaffen werden müssen. Er werde seine Arbeit für die Unabhängigkeit Kataloniens vorerst von seinem politischen Hauptquartier in Brüssel aus fortsetzen.
Die neue spanische Regierung lehnt Verhandlungen über eine Unabhängigkeit Kataloniens strikt ab. Da Puigdemont in diesem Punkt unbeirrbar ist, versucht Madrid möglicherweise, ihn im Ausland politisch zu isolieren mit der Hoffnung, in der neuen katalonischen Regionalregierung einfachere Verhandlungspartner zu finden.
sputniknews
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