Das chinesische Militär trainiert nach Einschätzung des Pentagons offenbar Luftangriffe auf US-Ziele. "In den vergangenen drei Jahren hat die Volksbefreiungsarmee das Einsatzgebiet ihrer Bomber über See rapide ausgedehnt, Erfahrungen in heiklen Meeresgebieten gesammelt und dabei vermutlich auch Angriffe auf Ziele der USA und der Verbündeten geprobt", heißt es in einer Einschätzung aus dem US-Verteidigungsministerium.
Unklar sei bislang, welche Botschaft die Regierung in Peking abseits der Demonstration verbesserter Fähigkeiten dadurch senden wolle, schreiben die Autoren der Analyse weiter. Bei Manövern in den vergangenen Monaten hatte die chinesische Luftwaffe US-Erkenntnissen zufolge unter anderem auch die Landung schwerer strategischer Bomber auf Inseln und Riffen in umstrittenen Teilen des Südchinesischen Meeres geprobt.
In dem umstrittenen Seegebiet hatte die Volksrepublik zuvor mit großem Aufwand verschiedene Militärstützpunkte und Vorposten errichtet. Der Ausbau der chinesischen Stellungen blieb nicht unbeobachtet: Mehrere Anrainerstaaten, darunter neben Vietnam, Malaysia und den Philippinen auch das von China nicht anerkannte Taiwan, erheben im südchinesischen Meer Gebietsansprüche. Entsprechend groß war das Aufsehen in Fachkreisen, als die chinesische Luftwaffe im Mai damit begann, Langstreckenbomber vom Typ Xian H-6K im rund 400 Kilometer vor Vietnam gelegenen Paracel-Archipel zu stationieren.
Die US-Regierung hatte in den Monaten zuvor wiederholt Luftaufnahmen und Satellitenbilder veröffentlicht, auf denen in dem Seegebiet umfangreiche Baumaßnahmen des chinesischen Militärs zu erkennen sind. Um Platz für Radaranlagen, Unterkünfte und Landebahnen zu schaffen, wurden ganze Atolle mit Kaianlagen, Betonwällen und künstlich aufgeschütteten Landflächen verstärkt. Von den Ausbau-Maßnahmen sind neben dem Paracel-Archipel auch die Gruppe der Spratly-Inseln vor der philippinischen Küste betroffen.
Nach Abschluss der Bauarbeiten begannen die chinesischen Streitkräfte damit, die neuen Basen auch mit weitreichenden Abwehrwaffen auszustatten. Nach Angaben aus US-Militärkreisen wurden auf den chinesischen Inselstellungen unter anderem Abfangjäger vom Typ Shenyang J-11, Einheiten des Luftabwehrsystems HQ-9 und auch Anti-Schiff-Waffen wie die chinesische Eigenentwicklung YJ-62 gesichtet. Dabei handelt es sich um Marschflugkörper mit einer Reichweite von rund 400 Kilometern und einem rund 200 Kilo schweren Sprengkopf, die theoretisch auch US-Flugzeugträgern gefährlich werden könnten.
Konfliktherd auf hoher See
Nachbarstaaten fürchten, dass die Parteiführung in Peking damit Tatsachen schafft, die die Machtbalance in der Region dauerhaft verändern könnten. Durch das fragliche Seegebiet führen auch wichtige Schifffahrtsrouten, die für den Welthandel von großer Bedeutung sind. Die militärische Aufrüstung dürfte das Verhältnis der Großmächte weiter belasten: Die Beziehungen zwischen den USA und China sind derzeit wegen des Handelsstreits von US-Präsident Donald Trump ohnehin bereits angespannt.
Die neue Einschätzung zur Ausrichtung der chinesischen Manöver stammen aus dem jüngsten Jahresbericht des Pentagon zur militärischen Lage in der Volksrepublik. US-Geheimdienste halten die Entwicklungen dort genau im Blick. Der Bericht geht davon aus, dass der offizielle Wehretat Chinas bis 2028 trotz eines sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums auf mehr als 240 Milliarden Dollar (210 Milliarden Euro) anwachsen dürfte.
Das Verteidigungsbudget Pekings hatte den US-Schätzungen zufolge zuletzt die Marke von 190 Milliarden Dollar (170 Milliarden Euro) überschritten. Zum Vergleich: Im jüngst beschlossenen Etatentwurf aus Washington sind für die US-Streitkräfte Ausgaben in Höhe von insgesamt 716 Milliarden Dollar vorgesehen.
Wettrüsten im Weltraum?
Sorgen bereitet den US-Strategen neben dem erwarteten Anstieg der chinesischen Rüstungsausgaben jedoch, dass die Volksrepublik neben ihren konventionellen Fähigkeiten auch große Ambitionen in zukunftsträchtigen Hightech-Bereichen hegt. China verstärke weiter seine militärischen Fähigkeiten im Weltraum, obwohl es sich offiziell gegen eine Militarisierung des Alls wende, warnen die Experten.
China bemüht sich seit Jahren, seinen politischen und militärischen Einfluss weltweit auszudehnen. Ein sichtbares Zeichen dieser Bemühungen erkennen Beobachter unter anderem im Aufbau einer Flotte an Flugzeugträgern nach US-Vorbild. Bislang liegen die Vereinigten Staaten mit ihrer Flotte an elf Supercarriern auf diesem Gebiet noch mit großem Abstand vorn. Peking konnte vergangenes Jahr erst seinen zweiten Flugzeugträger auf Testfahrt schicken, baut aber an weiteren Großkampfschiffen.
Quelle: n-tv.de
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