"Kein Container darf verloren gehen"

  28 Auqust 2018    Gelesen: 1117
"Kein Container darf verloren gehen"

Der Brückeneinsturz in Genua könnte auch einen der größten Häfen Italiens in Mitleidenschaft ziehen. Reeder Messina fordert deshalb schnelles und unbürokratisches Handeln. Nur so blieben Kunden erhalten.

Genua ist Italiens wichtigster Handelshafen. Hier werden jährlich an die 50 Millionen Tonnen Waren verschifft. Den wichtigsten Beitrag liefern dazu die Container. Allein im vergangenen Jahr wurden 2,6 Millionen von ihnen umgeschlagen. Insgesamt arbeiten im und rund um den Hafen 50.000 Menschen. Fünf Milliarden Euro an Steuern und Abgaben flossen von hier direkt in die Staatskasse. Doch der Einsturz der Morandi-Brücke vor zwei Wochen könnte auf das Hafensystem schwere Auswirkungen haben. Denn wohin mit den 1500 Lkw die früher täglich über die Brücke in und aus dem Hafen fuhren? Reedereien könnten geneigt sein, den 100 Kilometer weiter östlich gelegenen Hafen von La Spezia anzudocken. Zumindest bis sich der Verkehr nicht wieder normalisiert hat.


"Wir können nur hoffen, dass die anderen Häfen die Situation nicht ausnützen und eine negative Kampagne gegen uns lancieren", sagt Ignazio Messina zu n-tv.de. Messina ist Vorstandschef der Ignazio Messina & C.. Die größte Reederei der Stadt hat ein eigenes Terminal und eigene Züge für den Warentransport. "Wir müssen alles erdenklich Mögliche unternehmen, um keinen einzigen Container zu verlieren."

Reederei zahlt Mehrkosten


Wie das gehen soll, erklärt er mithilfe von Straßenkarten. Diese hat er auf einem großen Konferenztisch parat. In Zukunft sollen die Laster, die die westliche Riviera di Ponente in Richtung Frankreich befahren, auf eine interne Hafenstraße umgeleitet werden. Außerdem soll der Schienenverkehr, sobald die Trümmer der Brücke weggeschafft worden sind, nicht nur wieder instand gesetzt, sondern auch ausgebaut werden. Bis dahin hat Messina allen seinen Kunden zugesichert, dass die Reederei für die Mehrkosten, die mit dem Straßentransport anfallen, übernehmen wird.

Der Ausbau des Schienennetzes ist schon lange ein Anliegen der Reederei. Immer wieder waren die Manager deswegen bei den lokalen und nationalen Politikern vorstellig. "Denn was das Straßennetz betrifft, stellt Genua ein Unikum dar", sagt Gian Enzo Duci, Vorsitzender des italienischen Schiffsmakler- und - Agentenverbands. "In jeder anderen modernen mittleren Großstadt sind die Verkehrsflüsse getrennt. Die Morandi-Brücke diente stattdessen gleichzeitig dem Fern-, dem Waren- und dem städtischen Verkehr", sagt er und fährt fort: "Wir erinnern uns alle an den grünen Lieferwagen mit dem Basko-Logo, der auf der Brücke, einen Meter vor dem Abgrund stand. Der war gerade dabei, die Ware an die verschiedenen Supermärkte in der Stadt auszuliefern."

Messina rechnet derweil vor, wieviel Zeit es benötigen wird, Entwarnung hinsichtlich des Verkehrs in Genua geben zu können. Eine erste Bewährungsprobe steht am 3. September an. Dann werden alle Betriebe wieder die Arbeit aufnehmen. Der zweite Belastungstest folgt 14 Tage später - dann beginnt die Schule.

Hafenwachstum in Gefahr


Natürlich wird es Engpässe geben, trotzdem gibt man sich zuversichtlich. Das Wirtschaftsvolumen des Hafens sei in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, sagt Duci. "Die Rede ist von 15 Prozent, und das wollen wir auch beibehalten." Zudem verweist er auf die unlängst mit Baden-Württemberg und Bayern geknüpften Kontakte. "Denn sobald das Schienennetz ausgebaut ist, wird Genua für die Ware aus diesen Regionen leichter zu erreichen sein als Triest, von wo aus sie heute verschifft wird oder ankommt", sagt Duci weiter.

Um das Rennen gegen die Zeit zu gewinnen, müssen aber auch die Politiker ihren Teil dazu beitragen. So sollte die Region zum schon bestehenden staatlichen Zuschuss für den Schienentransport auch etwas beisteuert. "Das Wichtigste ist aber, dass dieses Mal die öffentlichen Aufträge zur Wiederinstandsetzung der Infrastruktur schnell und reibungslos vergeben werden", sagt Messina.

"Denn, um die hierzulande verbreitete Korruption zu bekämpfen, wurde im Laufe der Jahre ein so kompliziertes Regelwerk zusammengebastelt, dass es fast unmöglich ist, einen Auftrag zu erteilen, ohne dass dieser Beschluss von einem ausgeschlossenen Unternehmen angefochten wird. Und das bringt dann alles zum Stehen", sagt er weiter. Bei einem Treffen mit Genuas Bürgermeister Marco Bucci versicherte dieser, alles daran zu setzen, um Engpässe zu vermeiden. Man wird sehen ob es ihm auch wirklich gelingt.

Quelle: n-tv.de


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