“Wir sehen hier nichts Gutes mehr“

  29 September 2015    Gelesen: 574
“Wir sehen hier nichts Gutes mehr“
Nur weg aus Afghanistan, am besten nach Deutschland: 14 Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes flüchten die Menschen wieder zu Zehntausenden aus Afghanistan. Vor dem Passamt in Kabul bilden sich täglich längere Schlangen. Auch Farida, ihr Mann und ihre sieben Kinder wollen das Land verlassen.
Von Sandra Petersmann, ARD-Hörfunkstudio Neu-Delhi, zzt. Kabul

Während in Kundus schwere Kämpfe toben, werden die Schlangen vor und im zentralen Passamt von Kabul immer länger. Polizisten versuchen Ordnung zu schaffen im Chaos. Farida hat es bis in den Innenhof geschafft. Sie bahnt sich einen Weg durch die Menge. Ein Gerücht macht die Runde.

"Ich war neugierig, als ich gesehen habe, wie Sie hier die Leute befragen", erzählt sie. "Ich dachte, Sie sind aus Deutschland gekommen, um uns zu sagen, dass es keinen Sinn macht, hier einen Pass zu beantragen. Stimmt das?"

Farida, ihr Mann und ihre sieben Kinder sind entschlossen zu gehen - nach Deutschland. Schritt 1: Die Flucht nach Kabul. Afghanische Pässe für alle. Schritt 2: Visa für den Iran und eine gemeinsame Einreise ins Nachbarland. Bis dahin ist alles legal. Dann sollen Schlepper helfen. Die Familie will sich im Iran in zwei Gruppen aufteilen, um die Erfolgschancen zu erhöhen.

"Wir haben nicht so viel Geld", erklärt Farida. "Wir werden versuchen, getrennt über den Iran in die Türkei zu kommen, und dann von dort aus mit anderen Leuten weiter Richtung Deutschland."

Die Familie stammt aus der umkämpften Provinz Nangarhar im Osten Afghanistans. Auch hier kontrollieren die Taliban große Gebiete. Farida weiß, dass die Reise Richtung Europa lebensgefährlich ist. Aber: "Unsere Angst vor den Taliban ist größer. Es ist besser, es zu versuchen und unterwegs zu sterben, als hier zu sterben - jeden Tag ein bisschen mehr. Meine Kinder sind zu Hause in Gefahr", sagt Farida.

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