Moody's hält Europa für anfällig

  02 Oktober 2018    Gelesen: 523
Moody

Ein weiterer Konjunktureinbruch würde Europa besonders hart treffen. Zu diesem Ergebnis kommt die Ratingagentur Moody's. Für Regierungen und Notenbanken bleibt den Analysten zufolge zehn Jahre nach der letzten Krise nur wenig Spielraum.

Europa ist nicht in der Lage, einen weiteren drastischen Konjunktureinbruch, der das Finanzsystem belastet, zu bewältigen. Zu dieser Einschätzung kommt die Ratingagentur Moody's in einer Studie. Das gelte, obwohl die Staaten aus Sicht der Agentur seit dem letzten Abschwung von einem günstigen Bonitätsumfeld am Markt für Staatsanleihen profitiert und die Banken ihre Bilanzen gekräftigt hätten.

Zwar habe sich seit 2008 Einiges verbessert, schreiben die Analysten von Moody's. Europa bleibe jedoch wirtschaftlich anfällig, denn die Schuldenstände seien höher, es gebe weniger Möglichkeiten, die konjunkturelle Erholung zu stützen, die Preise für Geldanlagen wie Aktien oder Immobilien befänden sich auf Rekordhöhe, politische und regulatorische Risiken nähmen zu, und neue Technologien würden Störpotenzial für Geschäftsmodelle in immer mehr Branchen bereithalten. Alles in allem, so das Fazit der Studienautoren, gebe es immer weniger Handlungsspielraum, um die Folgen eines weiteren Abschwungs abzufedern.

Die Verschuldung der privaten Haushalte befinden sich demnach seit zehn Jahren auf einem historischen Höchststand, was viele Emittenten von Wertpapieren anfälliger mache, sollten die Zinsen drastisch ansteigen und hoch bleiben. Die hohe und steigende Verschuldung der öffentlichen Haushalte führe außerdem dazu, dass eine Reihe europäischer Staaten für die nächste Rezession und die finanziellen Auswirkungen einer alternden Bevölkerung anfällig seien.

Nur noch geringe Optionen zum Gegensteuern

Auch die von Regierungen und Notenbanken im letzten Abschwung getroffenen Maßnahmen zur Stützung der wirtschaftlichen Erholung haben nach Einschätzung von Moody's die verfügbaren Optionen eingeschränkt, um dem nächsten Konjunktureinbruch zu begegnen. Konkret beziehen sie sich damit auf die im Euroraum noch immer anhaltende Nullzinsphase und auf das nur langsam auslaufende Wertpapierkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB).

Geldpolitische Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur zeigten immer weniger Erfolg, warnen die Analysten, und auch die wiederkehrenden Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung auf regionaler und kommunaler Ebene erschwerten die Erzielung weiterer Einsparungen. Hinzu komme, dass die Wirtschaft weiterhin nur schleppend wachsen werde, was das Tempo einer konjunkturellen Erholung nach einer Rezession begrenzt.

Erhöhte Kurse würden zudem bedeuten, dass manche Vermögenswerte und Finanzmärkte mit dem Risiko einer plötzlichen Korrektur konfrontiert seien, sollten die Zinsen rasch und stärker als von den Marktteilnehmern erwartet steigen. Niedriges Wachstum und die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit in manchen Staaten fördern laut Moody's die wirtschaftliche Unsicherheit und stärken Bewegungen, die sich generall gegen das "Establishment" richten.

Falls eine neue Krise ausbrechen sollte, warnt Moody's, dürften solche Bewegungen weiteren Zulauf erhalten. Selbst "Mainstream-Politiker" könnten sich gezwungen sehen, die als bislang sicher geltende Unterstützungs- und Auffangmaßnahmen zu versagen oder zusätzliche protektionistische Maßnahmen zu ergreifen.

n-tv.de


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