Sein oder Nichtsein: Verzicht auf US-Dollar möglich?

  02 Oktober 2018    Gelesen: 919
Sein oder Nichtsein: Verzicht auf US-Dollar möglich?

Ein Verzicht auf den US-Dollar bei internationalen Abrechnungen wird aktiv diskutiert. Ist es real, vom Dollar wegzukommen, wenn er im globalen Finanzsystem 70 Prozent aller Berechnungen ausmacht? Experten nahmen dazu Stellung beim „Runden Tisch“ in der Agentur „Russland heute“.

China wickelt seinen Ölhandel bereits in Yuan ab. Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, hat vorgeschlagen, die EU-Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern. Und nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow soll ein Verzicht auf den US-Dollar die USA auf der Weltbühne abschwächen. Russische Experten sehen einen Verzicht auf die US-Währung jedoch mit gewissen Schwierigkeiten behaftet.

Weltgeschichtlich wurden die Währungen von Spanien, Portugal, Holland und Großbritannien jeweils als Hauptwährung angenommen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sei die US-Währung zur Weltwährung aufgestiegen, sagt Konstantin Korischtschenko, Finanzexperte und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Zentralbank Russlands.

„Viele Länder erwägen einen Verzicht auf den Dollar als Weltwährung. Das hängt nicht nur mit der Politik, sondern auch damit zusammen, dass sich der Dollar selbst in allen makroökonomischen Hinsichten nicht sehr gut fühlt. Er sollte durch eine andere Währung ersetzt werden. Der Euro beansprucht tatsächlich diese Rolle. Dies ergibt sich aus der fünfseitigen Vereinbarung über die Möglichkeit, einen besonderen Mechanismus für den Handel mit Iran zu schaffen, der von Europa initiiert wird.“

Der Experte wies auch darauf hin, dass die Schaffung einer einheitlichen Währung auch im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) diskutiert werde. Allerdings sei die Lösung der Frage auf 2025 verschoben worden.

„In der EAWU versucht man, im Rahmen des gegenseitigen Handels mit nationalen Währungen zu zahlen. Ein Verzicht auf den Dollar bedeutet eine Kollektiventscheidung zugunsten einer neuen Währung, die in unsere Wirtschafts- und Finanzwelt kommt und den Dollar ersetzt.“

Obwohl der US-Dollar der globalen Preisbildung zugrunde liegt, hat er heute den US-amerikanischen Experten zufolge deutlich an Kaufkraft verloren. Laut Victoria Perskaja, Direktorin des Instituts für Internationale Wirtschaftsbeziehungen, liegt das daran, dass die Amerikaner nicht mehr für globale Probleme zahlen wollen.

„Wir sollten uns auch davon leiten lassen, wie die russische Wirtschaft heute wettbewerbsfähige Produkte herstellen und den Rubel zur Preiswährung machen kann. An der Börse in Shanghai werden Ölgeschäfte in Yuan abgewickelt. Dies entspricht den Interessen Chinas, das ist die Zerstörung des Dollar-Monopols. Der Ölproduzent ist aber Russland, und in geringerem Maße auch der Iran und Katar“, betonte Perskaja.

Dass der Euro eine Alternative zum Dollar als Währung wird, hält die Expertin für unwahrscheinlich.

„Der Euro wurde im Rahmen des Maastrichter Abkommens als eine alternative Währung geschaffen, die direkt mit dem Dollar verbunden ist. Dies wurde von den Amerikanern begünstigt. Auch jetzt sind die EU und die USA wirtschaftlich sehr eng verbunden.“

In den BRICS-Ländern gibt es viele Initiativen im Finanzsektor. Aber wenn man über die Aussichten spricht, vom US- Dollar durch bilaterale Abkommen und den Einsatz von Währungspaaren wegzukommen, dann sollte der Fortschritt sehr zurückhaltend eingeschätzt werden, meint Andrej Schelepow, Wirtschaftsexperte beim Industriellen- und Unternehmerverband Russlands.

„Trotz aller Vereinbarungen gibt es inzwischen nur bei dem Paar Rubel / Yuan einen beachtlichen Fortschritt. Mit den anderen Währungen ist es noch nicht so einfach. In der jüngsten Erklärung nach dem Gipfel in Johannesburg steht, dass große Fortschritte erzielt worden seien. Aber im öffentlichen Raum ist es unmöglich, Informationen darüber zu finden, wie die Arbeit verläuft und was wirklich geschaffen worden ist.“

sputniknews


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