Es hat etwas von Hollywood. Wenn in Moskau auf dem Kongress des Weltverbandes der Amateurboxer Aiba der neue Präsident gewählt wird, kommt ein Thriller zu Aufführung. Oder ist es eine Tragödie? Im Zentrum steht der Interimspräsident Gafur Rachimow aus Usbekistan, der Chef der Aiba werden will. Sein Gegenkandidat ist der Kasache Serik Konakbajew. Der Olympia-Zweite von 1980 musste erst den Internationalen Sportgerichtshof Cas anrufen, um von der Aiba zur Wahl zugelassen zu werden. Die Geier kreisen schon über dem Weltverband.
Wird Rachimow Chef, heißt es, streicht das IOC den Boxsportaus dem olympischen Programm. Denn der usbekische Oligarch, der seit 2010 in Dubai lebt, soll laut US-Behörden ein übler Schurke und führender Kopf der organisierten Kriminalität sein. Es gehe dabei auch um weltweiten Drogenhandel. In den USA steht der 67 Jahre alte Geschäftsmann auf der Liste unerwünschter Personen, sein Vermögen dort ist eingefroren. Rachimow bestreitet die Vorwürfe.
Neuerdings soll er mit amerikanischen Anwälten gegen die Strafmaßnahmen vorgehen dürfen. Der frühere usbekische Präsident Islam Karimow ließ einst Interpol nach Rachimow fahnden. Nur war schon damals nicht klar, wer von beiden der Schurke ist. Karimows Nachfolger hob die Fahndung auf. Firmen des Milliardärs wurden beschlagnahmt und wieder freigegeben, Haftbefehle nach Deals aufgehoben. "Nirgendwo liegen Beweise vor, dass Rachimow in kriminelle Geschäfte verwickelt ist", sagt Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV). "Wir unterstützen deshalb seine Kandidatur." Der deutsche Verband hat an alle Nationalverbände weltweit ein entsprechendes Schreiben geschickt und um Unterstützung für Rachimow gebeten.
Fahndung, Haftbefehle, Deals
"Es stand nie zur Debatte, dass Boxen aus dem olympischen Programm gestrichen wird", widerspricht DBV-Sportdirektor Michael Müller Behauptungen zu Sanktionen. "Thomas Bach droht lediglich, dass die Aiba ausgeschlossen werden könnte. Dann würde Boxen bei Olympia aber unter der IOC-Flagge stattfinden", sagt er. Allerdings braucht das IOC dafür die Kampfrichter der Aiba, denn selbst hat es keine. Thomas Bach fordert mehr: die Sanierung der Finanzen, schärfere Dopingkontrollen und ein von Korruption freies Kampfrichterwesen. "Das ist bereits auf den Weg gebracht", betont Müller. Der frühere Aiba-Präsident Wu Ching-Kuo hat eine Schuldenlast von etwa 30 Millionen Dollar hinterlassen und wurde aus dem Amt gejagt. Rachimow hat mit den Gläubigern verhandelt und neue Vereinbarungen getroffen.
Der Bankrott des Verbandes soll so verhindert worden sein. "Wir haben jetzt eine viel gesündere, stabilere und transparentere Organisation", sagt Rachimow. Seine Befürworter loben, dass er das Referee-System umgekrempelt, die Dopingkontrollen verzehnfacht habe. "Wenn ich zur Belastung für das Boxen werde und seine Zukunft gefährde, trete ich sofort zurück", schwört der Usbeke mit russischem Pass. Das IOC ist misstrauisch und hat mehrere Tranchen der 16 Millionen Dollar an Zuwendungen für das Boxen im Olympia-Zyklus einbehalten.
Unmittelbar vor der Wahl hat Rachimow angeboten, dass er nach der Abstimmung die Aiba-Geschäfte für einige Zeit ruhen lassen will, um Spannungen mit dem IOC abzubauen. Die Mehrheit der Verbände scheint für Rachimow zu sein. Konakbajew werden nur Außenseiterchancen eingeräumt. Der 59 Jahre alte kasachische Ex-Boxer habe versucht, so wurde im Vorfeld der Wahlen gestreut, afrikanische Verbände mit Geldgeschenken zu ködern. Ob Dichtung oder Wahrheit - wer weiß das schon im Wahlkampf.
Quelle: n-tv.de
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