Dass die japanische Regierung vorhat, die Marine des Landes mit Flugzeugträgern auszustatten, ist stückweit eine Abkehr von der japanischen Verfassung. Die regelt nämlich, dass das Nachkriegsjapan keine vollwertige Armee haben dürfe, sagt der Japan-Experte Waleri Kistanow von der Russischen Akademie der Wissenschaften laut dem Blatt.
Seit Pearl Harbour hatten die Japaner keine Flugzeugträger mehr. Im kommenden Dezember aber beschließt das Regierungskabinett von Shinzo Abe ein nationales Rüstungsprogramm für die kommenden fünf Jahre. Das staatliche Programm werde auch den Bau von Flugzeugträgern beinhalten, berichtet der TV-Sender „NHK“ laut der Zeitung.
Wobei: Der erste Flugzeugträger des Nachkriegsjapans wird kein Neu-, sondern ein Umbau. Geschaffen werden die Schiffe auf der Grundlage von Hubschrauberträgern der Izumo-Klasse, die die japanische Marine bereits einsetzt.
Passend dazu nimmt das Abe-Kabinett auch die Anschaffung von F-35B-Flugzeugen in das neue Rüstungsprogramm auf. 42 Stück dieses Kampfjets sollen in den USA gekauft werden. Die Regierung prüfe den Kauf von 100 zusätzlichen Flugzeugen dieses Typs im Wert von 8,8 Mrd. Dollar, berichten japanische Medien laut der Zeitung.
Stationiert werden die Kampfjets dann auf den neuen Flugzeugträgern. Japanische Schiffbauer haben bereits Empfehlungen ausgearbeitet, wie die Hubschrauberträger entsprechend umgebaut und welche zusätzliche Ausrüstung darauf angebracht werden soll.
Seit 2015 ist die Izumo-Klasse bei den japanischen Streitkräften im Einsatz. Zwei Schiffe fahren bereits auf See, zwei weitere werden derzeit noch gebaut.
Es handelt sich um die größten und schwersten Schiffe der japanischen Marine: 248 Metern Länge und 27 Tsd. Tonnen Wasserverdrängung. 2020 sollen die Umbauarbeiten zu Flugzeugträgern beginnen. Zehn Kampfjets F-35B wird ein solches Schiff dann aufnehmen können.
Wofür braucht Japan die schwimmenden Festungen aber? Sicherlich nicht dafür, um sie gegen Russland zu richten. Die Zeitung „Japan Times“ schreibt laut dem Blatt, die japanische Regierung benötige den Flugzeugträger als gewichtiges Argument gegen die „maritime Angriffslust der Chinesen“. Was die Japaner beunruhigt, ist sicherlich das Flugzeugträgerprogramm der Volksrepublik.
„Die Japaner haben das Erstarken der chinesischen Marine wahrgenommen und haben ihre Hubschrauberträger so gebaut, dass sie weiterentwickelt werden können. Es war von Anfang an klar, dass deren Konstruktion die Stationierung von Kurzstart- und Senkrechtlandeflugzeugen ermöglicht“, sagt der Asien-Experte Wassili Kaschin von der Russischen Akademie der Wissenschaften laut der Zeitung.
Die japanischen Hubschrauberträger seien beispielsweise mit verstärkten Flugdecks ausgestattet, die dem Druck eines Abgasstrahls standhalten könnten. „Jetzt ist die Gelegenheit für den Umbau zu Flugzeugträgern da, weil das passende Flugzeug – die F-35B – verfügbar ist“, so der Experte laut dem Blatt.
Ohne Flugzeugträger ist laut dem Experten keine vollwertige Marine zu haben: „Die Kampfflugzeuge haben vielfältige Waffenoptionen und sind eine wichtige Komponente der schiffseigenen Flugabwehr. Außerdem bieten Flugzeuge zusätzliche Aufklärungsfähigkeiten.“
„Das Vorhaben widerspricht natürlich der japanischen Verfassung, die den Bau von Angriffswaffen verbietet. Hubschrauberträger gehörten ja nicht zu dieser Kategorie“, erklärt der Japan-Experte Kistanow laut der Zeitung.
Aber die Abe-Regierung habe Gesetze erlassen, die dem Land ein Recht auf „kollektive Selbstverteidigung“ einräumen. Das heißt, gemeinsam mit einem Verbündeten – also den USA – können Japan auch dann in Kampfhandlungen eingebunden werden, wenn es selbst nicht unmittelbar angegriffen wird.
Das wäre etwa bei einem Konflikt wegen Taiwan oder im südchinesischen Meer der Fall. Aber auch beim Streit um umstrittene Inseln, wie die Senkaku-Eilande. Wenn die japanische Marine die Flugzeugträger erhalten hat, kann sie deutlich autarker – also in größerer Entfernung zu den Heimathäfen – operieren.
Dem großen und mächtigen Nachbarn entgeht dieser Zuwachs an militärischer Schlagkraft sicherlich nicht: „Wir werden bald schon eine negative Reaktion vonseiten Chinas sehen. Die Chinesen werden Investitionen in ihre Marine aufstocken“, sagt der Asien-Experte Kaschin laut der Zeitung.
sputniknews
Tags: