SPD sucht eine Frau fürs Justizministerium

  11 Dezember 2018    Gelesen: 1121
SPD sucht eine Frau fürs Justizministerium

Katarina Barley führt die SPD im Europawahlkampf und wird ihr Amt als Justizministerin aufgeben. Wer folgt ihr nach? In Berlin beginnt ein spannendes Gerangel. Doch die Regeln bestimmt der selbst auferlegte Proporzzwang der Sozialdemokraten.

Die SPD sucht einen neuen Justizminister. Katarina Barley wechselt im Frühjahr in die Europapolitik und macht beim Euro-Wahlkampfstart für die SPD eine gute Figur. Weniger gut läuft die Nachfolgefindung in Berlin. Die SPD hat zwar gleich mehrere starke Kandidaten, doch ihr Proporz-Korsett macht die Räume quälend eng.

Erste Wahl wäre eigentlich Thomas Oppermann. Der Bundestagsvizepräsident ist über die Parteigrenzen hinweg angesehen und dank seiner vielen konzilianten Auftritte im Fernsehen auch beim Publikum beliebt. Oppermann war lange Jahre SPD-Fraktionschef sowie parlamentarischer Geschäftsführer, er verfügt über Ministererfahrung aus Niedersachsen und gilt seit Jahren als ministrabel. Obendrein ist er Jurist, und zwar nicht von der Schmalspursorte: Er hat Prädikatsexamen, war jahrelang Richter am Verwaltungsgericht und Rechtsdezernent.

Insgesamt ist das die perfekte Vita für das Bundesjustizministerium. Doch Oppermann hat ein Problem - er ist ein Mann. Da die SPD ihre sechs Ministerämter unbedingt mit Genderzwang besetzt, muss auf eine Frau wieder eine Frau folgen - und Oppermann wird wohl Quotenopfer.

In der SPD-Fraktion wird daher der Name der Innen- und Rechtspolitikerin Eva Högl aus dem Wahlkreis Berlin Mitte kolportiert. Fraktionsvize Högl ist ebenfalls Juristin, promovierte gar, allerdings war sie nie in juristischer Praxis, sondern stieg gleich nach ihrer Promotion übers Arbeitsministerium in den politischen Betrieb ein.

Mit Blick auf das Justizministerium werfen Unions-Abgeordnete Högl fehlende Sensibilität vor, weil sie zu vehement für eine Streichung des umstrittenen Paragrafen 291a gegen Abtreibungswerbung eintrete. In der Debatte veröffentlichte sie im März einen Tweet, in dem sie Abtreibungsgegner der CDU als "widerlich" bezeichnete. Högl löschte später die Nachricht und entschuldigte sich, doch das Misstrauen in der Union ist nunmehr groß, ob Högl als Justizministerin für Ausgleich sorgen könne.

Obendrein schadet auch Högl der SPD-Proporzzwang beim Weg ins Ministeramt. Denn Högl war schon zum Ende der Koalitionsverhandlungen auf der Ministerinnenliste der SPD. Doch dann setzte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (mit den ostdeutschen Landesverbänden im Rücken) die damalige Bezirksbürgermeisterin aus Berlin-Neukölln, Franziska Giffey, als Ministerin durch. Högl war plötzlich raus, denn die kleine Berliner SPD kann - nach der SPD-Parteienlogik - kaum zwei Ministerposten für sich beanspruchen. Und das gilt auch diesmal.

Damit kommen zwei SPD-Politikerinnen ins Spiel, die in Berlin kaum bekannt sind - aber gerade darum die für die SPD so blass gewordenen südwestdeutschen Farben stärken könnten. Stefanie Hubig, derzeit Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, ist in Bayern promovierte Juristin wie Högl, obendrein aber praxiserfahren wie Oppermann. Sie war Richterin und Staatsanwältin in Ingolstadt. 2005 wechselte sie ins Bundesjustizministerium, zunächst als Referentin, dann als Abteilungsleiterin und schließlich - unter Heiko Maas - als Staatssekretärin. Sie kennt das Ministerium genau und genießt dort Respekt. Maas und Nahles schätzen Hubig, die in Rheinland-Rheinland-Pfalz nun auch ministerielle Erfahrung gesammelt hat. Mit Hubig wäre außerdem der Landesverband Rheinland-Pfalz auch nach dem Abgang von Barley wieder vertreten. 

Doch hier kommt die nächste Proporz-Überlegung der SPD ins Spiel. Denn der stärkere hessische Landesverband will in Berlin endlich auch einmal zum Zug kommen und fühlt sich schon länger übergangen. Die Hessen bringen ihre Generalsekretärin Nancy Faeser ins Spiel, die gegen Lars Klingbeil bereits den Kürzeren zog, als ein neuer SPD-Generalsekretär gesucht wurde. Faeser ist praktizierende, erfolgreiche Juristin und eine organisationsstarke, zupackende Politikerin, die sich gerne neben Polizeiautos fotografieren lässt (sie ist Mitglied bei den "Sozialdemokraten in der Polizei"). Faeser arbeitet in der Frankfurter Wirtschaftsgroßkanzlei Görg. Die Kanzlei beschreibt sich selbst als "bundesweit führend bei Insolvenz und Sanierung". Das könnte für die SPD hilfreich sein.

n-tv


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