Mitten in der Vorweihnachtszeit wird Frankreich erneut von einem schweren Terroranschlag erschüttert: Bei dem Angriff in der Straßburger Innenstadt hat ein polizeibekannter Angreifer am Dienstagabend offenbar wahllos um sich geschossen und drei Menschen getötet. Zwölf Menschen wurden verletzt, sechs von ihnen sehr schwer, wie Frankreichs Innenminister Christophe Castaner am frühen Morgen mitteilte. Die Polizei geht von einem terroristischen Hintergrund aus. Der Täter befindet sich weiter auf der Flucht.
In Frankreich gilt die höchste Terrorwarnstufe. Die Straßburger Innenstadt wurde abgeriegelt. In der Region nahe der deutschen Grenze kommt es verstärkt zu Polizeikontrollen. Auf deutscher Seite riefen die Behörden dazu auf, die Grenzübergänge bei Straßburg zu meiden. Der grenzüberschreitende Verkehr bei Kehl wurde in der Nacht zeitweise eingestellt.
Weite Teile der Straßburger Innenstadt blieben in der Nacht abgeriegelt. Anwohner wurden in den ersten Stunden nach den Schüssen dazu aufgerufen, die Innenstadt in Richtung Norden zu verlassen und nicht in Richtung des südöstlich gelegenen Stadtteils Neudorf. Dort gingen schwer bewaffnete Spezialeinheiten in Stellung. Der mutmaßliche Täter, heißt es, habe sich hier in einer Wohnung verschanzt. Der Einsatz hier dauert noch an.
Europaparlament abgeriegelt
Von den Absperrungen betroffen war am Vorabend auch das Europaparlament in Straßburg. Rund um den Gebäudekomplex zogen schwer bewaffneten Sicherheitskräfte auf. Über Stunden hinweg durfte niemand das Gebäude verlassen, Mitarbeiter wurden per Handy-Kurznachricht und Mail gewarnt. Erst am frühen Mittwochmorgen durften Abgeordnete und Mitarbeiter sich auf den Heimweg machen.
"Meine Gedanken sind bei den Opfern der Schießerei in Straßburg, die ich mit großer Entschiedenheit verurteile", schrieb EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf Twitter. Straßburg sei eine symbolische Stadt für den Frieden und die europäische Demokratie. "Werte, die wir immer verteidigen werden." Die EU-Kommission stehe an der Seite Frankreichs.
Die Polizei rief die Bürger dazu auf, Ruhe zu bewahren und den Anweisungen der Sicherheitskräfte zu folgen. Die Regierung habe zusätzliche Kräfte mobilisiert, die auf dem Weg nach Straßburg seien, sagte Frankreichs Innenminister Castaner. 350 Einsatzkräfte und mehrere Hubschrauber seien an der Fahndung beteiligt. Castaner selbst traf noch in der Nacht in Straßburg ein.
Feuergefecht mit Soldaten
Der Verdächtige, der den Behörden als Gefährder bekannt ist und der wegen verschiedener Delikte in Deutschland und Frankreich vorbestraft sein soll, hatte nach Angaben der Präfektur gegen 20 Uhr nahe dem Weihnachtsmarkt der Elsass-Metropole das Feuer eröffnet. Castaner beschrieb den genauen Tatort nicht näher und sagte lediglich, der Täter habe an drei verschiedenen Orten in der Stadt "Terror" verbreitet. Zwischen 20 und 21 Uhr habe er sich zweimal einen Schusswechsel mit Sicherheitskräften im Patrouilleneinsatz geliefert.
Die Nachrichtenagentur AFP meldete unter Berufung auf die Polizei, der vermutlich radikalisierte Mann sei vor seiner Flucht von Soldaten verletzt worden. Laut dem Sender France Info entkam er mit einem Taxi, das er gestohlen hatte. Die französische Regierung rief nach dem Anschlag die höchste nationale Sicherheitswarnstufe ausrufen. Das Kabinett kam noch in der Nacht zu einer Krisensitzung zusammen.
Handgranaten in der Wohnung
Die Behörden waren dem mutmaßliche Täter bereits auf der Spur. Medienbericht zufolge hätte der Mann eigentlich bereits am Dienstagmorgen verhaftet werden sollen. Wie France Info unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete, trafen ihn die Ermittler jedoch nicht zu Hause. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung Stunden vor den Schüssen wurden mehrere Handgranaten gefunden, wie France Info und die Zeitung "Le Parisien" berichteten.
Frankreich ist in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von islamistisch motivierten Terroranschlägen geworden, die fast 250 Menschen das Leben kosteten. Auch diesmal zogen Anti-Terror-Spezialisten der Pariser Staatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich. Teile der Untersuchung wurde unter anderem dem Inlandsgeheimdienst DGSI übergeben, wie Justizkreise in Paris bestätigten.
Der Weihnachtsmarkt in Straßburg bleibt am Mittwoch geschlossen. Auch die kulturellen Einrichtungen der Stadt öffnen nicht, wie es in einer Mitteilung der Stadt hieß. Der Unterricht sollte am Mittwoch an Grundschulen und Vorschulen ausgesetzt werden. Eltern wurde geraten, ihre Kinder zu Hause zu lassen, wie die Präfektur mitteilte. An weiterführenden Schulen und Hochschulen sollte der Unterricht stattfinden.
Zusammen mit dem Weihnachtsmarkt in Dresden zählt der Straßburger Weihnachtsmarkt zu den ältesten Europas. Der "Christkindelsmärik" wurde 1570 erstmals erwähnt. Er sollte schon einmal Ziel eines Attentats sein: Im Jahr 2000 wurde ein geplanter Sprengstoffanschlag einer algerischen Gruppe rechtzeitig verhindert.
Quelle: n-tv.de
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