Es war ein wichtiger und richtungsweisender Termin für die Partei. Auf dem 31. CDU-Parteitag wählte die (noch-)Volkspartei ihre neue Vorsitzende. Annegret Kramp-Karrenbauer stach ihren Mitbewerber aus der Finanzwirtschaft, Friedrich Merz, aus und gewann die Stichwahl. Möglich gemacht wurde die Parteiveranstaltung auch durch Spenden verschiedenster Wirtschaftsunternehmen:
Besonders fällt auf den zweiten Blick die Dominanz von Tabakkonzernen auf dem Sponsorenschild auf. Neben den Tabakkonzernen Philip Morris („Marlboro“) und JTI („Camel“), tritt auch der Deutsche Zigarettenverband als Spender auf. Ebenso das nett und harmlos klingende Bündnis für Tabakfreien Genuss, welches ein Interessenverband der E-Zigarettenbranche in Deutschland ist.
Nun ist Tabak ein völlig legales Geschäft hierzulande – auch wenn die Gesundheitsschäden hinreichend bekannt sind – jedoch spielt die CDU beim Thema Plakatwerbung für Tabak eine wichtige Rolle. Plakatwerbung für Tabak ist in der EU nämlich verboten, um Kinder nicht zum Rauchen zu verführen. Nur Deutschland sperrt sich.
Vor allem der langjährige CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder setzte sich aktiv und erfolgreich, sogar gegen Widerstände in den eigenen Reihen, gegen das Werbeverbot ein. Offiziell verteidigen er und seine Mitstreiter so die öffentliche Freiheit der Deutschen, wie das Magazin der Spiegel berichtet: Der „mündige Bürger“ habe so das Recht, „sich frei eine Meinung zu bilden“.
Den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion musste Kauder mittlerweile abtreten, doch der Kampf gegen Plakatwerbung wird weiter geführt – von Dominik Wehling zum Beispiel, dem Referent der Arbeitsgemeinschaft für Kommunalpolitik der Union.
Auf dem „vorweihnachtlichen Mittagessen“ von Zigarettenhersteller Reemtsma („West“), soll Wehling laut Spiegel gesagt haben:
„Es geht (…) einfach darum, dass sehr viele Städte mit Stadtmöblierern (Außenwerbungs-Unternehmen) Verträge geschlossen haben: über Bushaltestellen, Infotafeln, WLAN-Hotspots und weiß nicht, womit man alles die Menschen in so einer Stadt beglücken kann. Das wird alles finanziert über Außenwerbung, und der überwiegende Teil der Einnahmen dieser Stadtmöblierer aus Außenwerbung ist (…) Zigarettenwerbung.“
Offenbar sind der Union die Werbeeinahmen wichtiger als der Schutz der Jugend vor Zigaretten. So zeige eine Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung von 2011, dass der Anteil von Rauchern bei Schülern, die viel Tabakwerbung ausgesetzt sind, doppelt so hoch ist wie bei Schülern, die wenig Zigarettenreklame sehen. Kommunen wie Bergisch-Gladbach oder Heidelberg bekommen trotz Tabakwerbeverbots ihre Bushäuschen von der Werbewirtschaft gestellt.
Berührungsängste mit Suchtmitteln können den Christdemokraten nicht nachgesagt werden. Auch das Logo der Erdinger Weißbräu Brauerei lässt sich auf dem Sponsorenschild finden, genauso wie die Deutsche Automatenwirtschaft. Ein Dachverband, der die Spielautomatenbranche vertritt. Experten schätzen, dass in Deutschland mehr als 400.000 Menschen geldspielsüchtig sind.
Auf Reddit wird diskutiert, wie legitim es sei, dass sich das Logo der Deutschen Bahn (DB) auf das Schild verirrt. Die DB ist zwar organisiert wie eine private Aktiengesellschaft, jedoch gehören alle Anteile dem deutschen Staat. Laut dem Parteiengesetz dürfen Parteien keine Spenden von Unternehmen annehmen, die zu über 25 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand sind. Anscheinend fällt ein Stand beim Parteitag nicht unter diese Reglementierung. Die Frage, ob da der Bund eine Partei finanziert, ist aber durchaus berechtigt.
sputniknews
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