Doch Belgrad hat kein Interesse daran, bei allen Forderungen der Albaner einzulenken — vor allem bei etlichen kritischen Fragen für die Serben im Norden des Kosovos, bei denen sie leer ausgehen würden.
Die EU-Führung, deren Tage an der Macht quasi gezählt sind (im Mai findet die nächste EU-Parlamentswahl statt), will sich nicht eingestehen, dass sie als Vermittler bei den Kosovo-Verhandlungen gescheitert ist. Sie will um jeden Preis die Unterzeichnung eines rechtlich verpflichtenden Abkommens zwischen Belgrad und Pristina voranbringen.
Laut der kosovarischen Zeitung „Koha Ditore“ hat sich der EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, für die Fortsetzung der Kosovo-Verhandlungen „in einem besonderen Format“ ausgesprochen. Nachdem sich Pristina mehrmals geweigert hatte, die 100-prozentigen Importzölle für Waren aus Zentralserbien und Bosnien-Herzegowina abzuschaffen, während Belgrad jegliche Gespräche mit Pristina vor der Abschaffung der Importzölle ausschloss, hat Hahn beschlossen, den Dialog über die Zölle auf die Tagesordnung der Verhandlungen zu setzen.
Die Politologin Jelena Vukoicic brachte in einem Interview mit Sputnik ihre Zweifel zum Ausdruck, dass die EU-Führung – nicht nur die jetzige, sondern auch die künftige – grundsätzlich in der Lage wäre, die Kosovo-Frage zu regeln. Denn Brüssel habe eigentlich genug Zeit gehabt, um seine Möglichkeiten zu zeigen (die Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina laufen immerhin seit 2011), aber sei dabei gescheitert.
Zudem verwies die Expertin darauf, dass die Kosovo-Albaner die Meinung der EU-Führung einfach ignorieren und nur der US-Administration gehorchen. Hahns Initiative bezeichnete Vukoicic als „Brüssels klassische Scheinheiligkeit“.
„Jedes Mal, wenn die Kosovo-Albaner den Dialog ausbremsten, wenn sie durch Erpressung, Drohungen und Provokationen versuchten, Serbien zum Einlenken zu zwingen, bestrafte die EU aus irgendwelchen Gründen sowohl Belgrad als auch Pristina – oder rief beide Seiten zur Entspannung und zur Fortsetzung des Dialogs auf“, so die Politologin.
Sie zeigte sich überzeugt, dass Brüssels neuste Initiative ein getarnter Kapitulationsaufruf an Belgrad sei: „Wir sehen, wie sie bei allem, was die Albaner anrichten, ein Auge zudrücken und darauf bestehen, dass Belgrad die Verhandlungen fortsetzt, während Pristina versucht, das Industriekombinat Trepča in Besitz zu bekommen, das größtenteils der Republik Serbien gehört und eine strategische Bedeutung für die Serben hat. Zudem verweigert Kosovo die Abschaffung der Importzölle und droht mit der Besetzung des Nordens. Daraus kann man schließen, dass die EU möglicherweise will, dass wir die Verhandlungen fortsetzen, damit die Albaner alles und die Serben nichts bekommen.“
Der Expertin zufolge bemüht sich Brüssel – egal was seine Vertreter behaupten – darum, dass diese Geschichte mit der Unterzeichnung eines Abkommens endet, dem zufolge Serbien Kosovo anerkennen würde, so dass die selbsternannte Republik UN-Mitglied wird.
Vukoicic unterstrich, dass die EU-Führung Belgrad zur Fortsetzung der Gespräche deswegen zwingen wolle, weil sie Pristina von der Verantwortung für rechtlich fragliche radikale antiserbische Initiativen befreien wolle. Deshalb sollte Serbien aufgeben und zustimmen.
„Der Dialog, zu dem Brüssel aufruft, ist in Wahrheit kein Dialog. Das ist Druck, dem Belgrad schon seit vielen Jahren ausgesetzt wird, damit wir das anerkennen, was der Westen schon getan hat; damit wir nämlich ‚die Realität anerkennen, in der Kosovo ein unabhängiger Staat ist‘, wie man im Westen zu sagen pflegt“, so die Politologin.
„Alles, was die Albaner gerade tun, ist dermaßen radikal und anmaßend, dass ich wirklich nicht verstehe, wie die Behörden in Belgrad unter solchen Bedingungen der Fortsetzung der Verhandlungen zustimmen könnten. Die Atmosphäre ist einfach katastrophal. Sie war ohnehin ziemlich schlecht, aber jetzt ist sie noch 1000 Mal schlimmer geworden. An den Verhandlungstisch würden sich jetzt nur solche Politiker setzen, die von Anfang an bereit wären, zu verlieren“, resümierte Jelena Vukoicic.
sputniknews
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