Im Kampf gegen die internationale Geldwäsche droht ein Rückschlag: Mehrere EU-Staaten wollen das Projekt in letzter Minute verhindern. Für den Widerstand gibt es unterschiedliche Gründe - doch er könnte am Ende die schwarze Liste noch verhindern. Einige Staaten sehen grundsätzliche rechtliche Probleme, andere verfolgen offen politische und wirtschaftliche Interessen.
Dabei schien es schon nahezu sicher, dass die Liste kommt. Die EU-Kommission hatte Mitte Februar 23 Länder zu Geldwäsche-Hochrisikostaaten erklärt. Der Rat der Mitgliedsländer kann diese Liste nur noch mit einer qualifizierten Mehrheit von 16 EU-Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung stoppen. In der Kommission gab man sich zuversichtlich, dass dies nicht gelingen würde - zumal die betreffenden Länder dann den zuvor nur hinter den Kulissen erhobenen Widerstand offen vortragen müssten.
Doch die Gegner sind offenbar bereit, das zu riskieren - obwohl es insbesondere für Großbritannien und Frankreich peinlich zu werden droht. Sie stören sich vor allem daran, dass die Kommission Saudi-Arabien auf die Schwarze Liste gesetzt hat.
Briten und Franzosen, so munkelt man unter EU-Diplomaten, wollen vor allem ihre umfangreichen Öl- und Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien schützen. Wie wichtig dies gerade den Briten ist, hat erst kürzlich Außenminister Jeremy Hunt höchstpersönlich klargemacht, als er die Bundesregierung in einem geharnischten Brief aufforderte, endlich ihre Zurückhaltung bei Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien aufzugeben. Hunt stellte sogar Berlins Bündnistreue in Frage.
Auch Frankreich exportiert kräftig Waffen nach Saudi-Arabien. Erst diese Woche haben Unternehmen beider Länder ein Großprojekt angekündigt, um Fregatten und U-Boote in Saudi-Arabien zu bauen.
Obendrein mischt sich die US-Regierung in den Streit über die Geldwäsche-Liste ein. Es gebe "massives Lobbying" aus Washington, beklagt ein EU-Diplomat. Die US-Regierung versuche derzeit auch mit Hilfe von Drohungen, die Schwarze Liste zu verhindern. Grund sollen vor allem Bedenken dagegen sein, dass die EU mit ihren eigenen Methoden gegen Geldwäsche vorgehen will - anstatt dafür die bereits bestehende Liste der Financial Action Task Force (FATF) zu nutzen, einer 1989 gegründeten internationalen Anti-Geldwäsche-Organisation. Die Amerikaner, argwöhnt man in Brüssel, wollten keine europäischen Anti-Geldwäsche-Maßnahmen, auf die sie keinen direkten Einfluss mehr hätten.
Die eigene Methodik der Kommission sorgt aber auch unter einigen EU-Staaten für Widerstand, darunter die Niederlande und Deutschland. Dieses Lager kritisiert dem Vernehmen nach vor allem die mangelhafte Methodologie der Liste.
Man habe zwar kein größeres Problem damit, auch Saudi-Arabien auf die Liste zu setzen, heißt es. Doch wenn man die dafür nötigen Kriterien konsequent anwende, müsste man neben Saudi-Arabien auch noch andere Länder auf die Liste nehmen, beispielsweise Serbien. Das aber habe die Kommission unterlassen - um die Gespräche mit Belgrad über einen EU-Beitritt nicht zu gefährden, so der Vorwurf der Kritiker.
Selbst Unterstützer der Schwarzen Liste zeigen sich irritiert. Die Kommission habe nie veröffentlicht, wie genau die 23 Länder auf der Liste gelandet sind, kritisiert etwa der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Er habe deshalb nun einen Antrag auf Zugang zu den entsprechenden Dokumenten gefordert. Die Kommission hält dem entgegen, dass sie die Methodologie schon vor langer Zeit veröffentlicht habe.
"Diese Liste ist ziemlich politisch", meint ein EU-Diplomat. "Wenn man will, dass sie vor Gericht Bestand hat, sollte man sich seiner rechtlichen Argumente sicher sein." Im Rat der Mitgliedsländer bilde sich gerade eine Mehrheit dafür, die Liste zumindest zu verzögern.
Das aber könnte ihr endgültiges Aus bedeuten. Denn das Europaparlament, das die Liste ebenfalls noch verabschieden müsste, tagt Mitte April zum letzten Mal, ehe im Mai gewählt wird. Was danach mit der Geldwäsche-Liste passiert, weiß niemand.
spiegel
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