Warum Rechtspopulisten häufig Klimaleugner sind

  26 Februar 2019    Gelesen: 881
Warum Rechtspopulisten häufig Klimaleugner sind

Der oberflächliche Eindruck besagt: Rechtspopulistische Parteien bieten Klimawandelleugnern eine natürliche Heimat. Das stimmt - aber nur zum Teil. Zudem geht die größte Gefahr für den internationalen Klimaschutz nicht von den Rechtspopulisten selbst aus.

Als die AfD vor drei Jahren auf einem Parteitag in Stuttgart ihr Grundsatzprogramm beschloss, waren nicht alle Delegierten mit allen Punkten einverstanden. Die Behauptung, es gebe seit 18 Jahren keinen Temperaturanstieg, "basiert auf einer einseitigen Auswahl und unzulässigen Verallgemeinerung von Messergebnissen für die untere Schicht der Erdatmosphäre", hieß es in einem Antrag, der die entsprechende Passage streichen lassen wollte.

Es gab noch weitere Anträge dieser Art, doch die Klimawandelleugner setzten sich durch. "Im 20. Jahrhundert stieg die globale Mitteltemperatur um etwa 0,8 Grad", stellt die AfD in ihrem heute noch geltenden Programm zwar zutreffend fest. Doch sie fährt fort: "Seit Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts gibt es jedoch im Widerspruch zu den IPCC-Prognosen keinen weiteren Anstieg, obwohl in diesem Zeitraum die CO2-Emissionen stärker denn je gestiegen sind."

Das ist natürlich Unsinn, wie schon ein flüchtiger Blick auf diese Grafik der Nasa zeigt. Nach den Messungen der US-Raumfahrtbehörde war 2018 das viertwärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Noch wärmer waren nur 2016, 2017 und 2015. Von "keinem weiteren Anstieg" kann keine Rede sein.

Dennoch dürften die wenigsten überrascht sein, dass die AfD sich die Leugnung des Klimawandels zu eigen gemacht hat. Dahinter steht die Annahme, dass Rechtspopulismus und Klimaskepsis tendenziell Hand in Hand gehen. Eine neue Studie des Forschungs- und Beratungsinstituts Adelphi bestätigt diesen Eindruck - allerdings nur teilweise.

Sieben der 21 stärksten rechtspopulistischen Parteien in Europa bestreiten, dass es ein Problem gibt. Neben der AfD gehören etwa die österreichische FPÖ, die britische Ukip und die niederländische PVV in diese Gruppe. Einige dieser Parteien greifen auch Verschwörungstheorien auf, nach denen der Klimawandel nur dazu diene, die Steuerzahler zu schröpfen.
Elf der Parteien haben keine explizite Klimapolitik, darunter beispielsweise die polnische Regierungspartei PiS, die sich zwar als "Pro-Kohle-Partei" sieht und Klimaschutz ablehnt, aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Klimaforschung nicht bestreitet.


Lediglich drei rechtspopulistische Parteien in Europa erkennen den Klimawandel als Gefahr an, die bekämpft werden muss: die "Wahren Finnen", die ungarische Regierungspartei Fidesz und die "Nationale Vereinigung" aus Lettland.

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass die AfD neben Ukip zu den stärksten Klimawandelleugnern in Europa zählt. Das AfD-Grundsatzprogramm etwa ist voll mit einschlägigen Behauptungen. Etwa der, die Bundesregierung unterschlage die positive Wirkung von CO2 auf das Pflanzenwachstum. Dabei wird so getan, als handele es sich bei der Klimaforschung nicht um wissenschaftliche Fakten, sondern um eine Glaubensfrage. "Das Märchen vom menschengemachten Klimawandel glauben wir nicht", sagte AfD-Chef Alexander Gauland Anfang Januar.

Die Gefahr beginnt, wenn Parteien der Mitte diese Rhetorik übernehmen
Unabhängig von der Zugehörigkeit ihrer Partei zu einer der drei genannten Gruppen stimmen Rechtspopulisten im Europaparlament ganz überwiegend gegen klimapolitische Maßnahmen, so die Studie. Bei Resolutionen zu Klima- und Energiefragen komme fast die Hälfte aller Gegenstimmen von den rechtspopulistischen Parteien. Maßnahmen gegen den Klimawandel würden von ihnen als schlecht für die Wirtschaft, sozial ungerecht, ökologisch schädlich und/oder sinnlos dargestellt. Klimapolitik sei für rechtspopulistische Parteien häufig ein "liberal-elitäres Konzept".

Ein wichtiger Grund für diese Haltung ist die Ablehnung multilateraler Ansätze in der internationalen Politik. Die Faustregel ist demnach: Eine europaskeptische oder gar -feindliche Partei wird dazu neigen, internationalen Klimaschutz abzulehnen. Das gilt allerdings nur eingeschränkt, wenn Rechtspopulisten regieren: Die polnische PiS und die ungarische Fidesz etwa haben dem Pariser Klimaabkommen von 2015 zugestimmt.

Im Vergleich zur Legislaturperiode von 2009 bis 2014 hat der Anteil der Abgeordneten im Europaparlament, die gegen klimapolitische Maßnahmen stimmen, deutlich zugenommen, von 10 auf 17 Prozent. Da rechtspopulistische Parteien in einigen Ländern zulegen dürften, geht die Studie für das nächste Europaparlament, das im Mai gewählt wird, von einem Anteil von 19 Prozent aus. "Die Studie belegt eindrucksvoll, dass der Populismus von rechts nicht nur eine Gefahr für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheit darstellt, sondern auch den multilateralen Kampf gegen den Klimawandel gefährdet", sagte der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen.

Die zentrale Gefahr für eine europäische Klimapolitik geht allerdings nicht von den rechtspopulistischen Parteien aus, schreiben die Autoren der Studie. Eine der größten Bedrohungen für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sei nicht die Zunahme der klimaskeptischen, rechtspopulistischen Parteien in ganz Europa, "sondern die Gefahr, dass Parteien der Mitte ihre Rhetorik und ihre Argumente übernehmen".

Quelle: n-tv.de


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