Wolfgang Schäuble hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Großbritannien doch noch in der EU bleibt, oder aber nach einem Brexit wieder in die Union zurückkehren könnte. "Ich glaube, Großbritannien wird die EU entweder gar nicht verlassen oder irgendwann wiederkommen", sagte der Bundestagspräsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Das Chaos in der britischen Politik in den vergangenen Wochen mache einen Verbleib der Briten in der EU wahrscheinlicher, glaubt Schäuble ."Und ich fühle mich durch die jüngsten Entwicklungen in dieser Überzeugung eher bestärkt." Die britische Premierministerin Theresa May hatte zuletzt ihren grundsätzlichen Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit aufgegeben, und die oppositionelle Labour-Partei erhob die Forderung nach einem zweiten Referendum.
Premierministerin Theresa May sagte kürzlich, sie stehe kurz davor, Zugeständnisse aus Brüssel zu erhalten. Danach hatte das Unterhaus May darauf festgelegt, bei Ablehnung des Vertrags und eines No Deal auch über die Option einer Brexit-Verschiebung abstimmen zu dürfen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier bekräftigte, dass die Mitgliedstaaten der EU offen seien für eine Verlängerung der Brexit-Frist, wenn auch mit Bedingungen. Die Staaten wollten wissen, wozu die Verschiebung gut sein solle.
Bei der europäischen Einigung komme es aber vor allem auf Deutschland und Frankreich an, betonte Schäuble. Die vereinbarte engere Zusammenarbeit der Parlamente in Berlin und Paris helfe dabei, eine europäische Armee "viel schneller" voranzubringen. "Mit einzelnen gemeinsamen Brigaden ist es nicht getan", betonte er. "Wir müssen überzeugend erklären, dass es in der Verteidigungspolitik gemeinsam besser geht. Dann bleibt den Nationalisten und Demagogen nicht viel Raum."
Schäuble rief dazu auf, die Migrationspolitik besser zu erklären. "Wenn man mit den Menschen vernünftig redet, verstehen sie auch, dass Grenzschließungen im 21. Jahrhundert keine Antwort sind. Die Geborgenheit innerhalb nationaler Grenzen gibt es nicht", sagte er. "Die Welt bleibt ungemütlich - gerade, weil es uns so gut geht. Europa kann darauf gute Antworten finden."
Der Parlamentspräsident machte deutlich, dass der Sieger der Europawahl im Mai nicht automatisch den nächsten Kommissionspräsidenten stellen wird. "Es ist eine Errungenschaft, dass die Kommission der Zustimmung des Parlaments bedarf. Das bedeutet aber nicht, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion automatisch Kommissionspräsident wird", sagte er. "Auch im Europaparlament gibt es Koalitionen. Man muss erst einmal Mehrheiten bilden."
Quelle: n-tv.de
Tags: