Regierung in Paris gesteht Fehler ein

  18 März 2019    Gelesen: 820
Regierung in Paris gesteht Fehler ein

Barrikaden, Plünderungen, brennende Häuser: Die Proteste der "Gelbwesten" zeichnen sich am Wochenende durch heftige Gewalt aus. Die Behörden können das nicht verhindern und müssen sich dafür nun Kritik gefallen lassen. Auch der Ski-Urlaub des Präsidenten wird zum Politikum.

Nach der erneuten Eskalation der Gewalt bei den "Gelbwesten"-Protesten hat die französische Regierung Fehler eingestanden. Es habe beim Sicherheitskonzept "Dysfunktionen" gegeben, hieß es in einer Mitteilung von Premierminister Édouard Philippe. "Die Analyse der gestrigen Ereignisse ergab jedoch Mängel in der Ausführung, die es nicht ermöglichten, die Gewalt einzudämmen und die Aktionen der Randalierer zu verhindern." Philippe wolle Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nun am Montag Vorschläge zur Verbesserung unterbreiten.

"Das sind Menschen, die die Republik zerstören wollen, auf die Gefahr hin, zu töten", betonte Macron, der am späten Samstagabend an einer Krisensitzung im Innenministerium teilnahm. Fotos des Präsidenten beim Skifahren in den Pyrenäen hatten zuvor in Frankreich für Kritik gesorgt. Er kehrte noch am Abend nach Paris zurück. Alle, die auf den Champs-Élysées waren, hätten sich zu Komplizen gemacht, so Macron. Man habe zwar seit November viel getan, aber das reiche offensichtlich nicht aus.

Am Samstag war es bei "Gelbwesten"-Protesten rund um die Pariser Prachtmeile Champs-Élysées wieder zu heftiger Gewalt gekommen. Randalierer plünderten Läden und setzten Autos in Brand. Sie errichteten brennende Barrikaden und zündeten eine Bankfiliale an. Das Feuer breitete sich auf das gesamte Gebäude aus, elf Menschen wurden verletzt, eine Frau und ihr Baby mussten aus dem brennenden Haus gerettet werden. Innenminister Christophe Castaner warf den Brandstiftern vor, weder Demonstranten noch Randalierer zu sein, sondern "Mörder". Einige Teilnehmer seien offensichtlich "nur angereist, um Sachen zu zerstören". Etwa 1500 "Ultragewalttätige" sickerten nach seinen Worten in die Reihen der "Gelbwesten" ein.

Die rechtsgerichtete Opposition erhob schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten. "Paris in den Händen der Randalierer, und Emmanuel Macron fährt Ski (...) Was für eine Schande", schrieb die Europaabgeordnete und ehemalige Ministerin Nadine Morano von der konservativen Partei Les Républicains (LR) auf Twitter. Die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, twitterte: "In Paris haben die schwarz Vermummten die Gelbwesten ersetzt. Der Schwarze Block zerstört, brennt, übt Gewalt aus - in aller Straflosigkeit".

200 Menschen kommen in Gewahrsam

Der Chef der Sozialistischen Partei (PS), Olivier Faure, sagte dem Sender CNews, die Regierung mache "offensichtlich nicht ihre Arbeit". Im Übrigen solle sie jetzt nicht die "Sicherheitsfrage" dazu nutzen, den sozialen Problemen auszuweichen. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo stellte in der Zeitung "Le Parisien" die Frage, wie es soweit kommen konnte und was zur Verhinderung derartiger Ausschreitungen geplant sei. Hidalgo von der PS sagte, sie erwarte von der Regierung "Erklärungen" und Maßnahmen, um "aus diesem Albtraum herauszukommen". Sie fügte hinzu: "Wir befinden uns inmitten einer schweren sozialen und politischen Krise. (...) So kann es nicht weitergehen."

Inhaber von Geschäften auf den Champs-Elysées teilten derweil mit, 80 Läden und Boutiquen seien von der Gewalt betroffen, davon etwa 20 von Plünderung oder Brandstiftung. Die Vereinigung der Geschäftsleute forderte ein Treffen mit Regierungschef Philippe.

Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Kundgebungsteilnehmer in Paris auf 10.000. Landesweit nahmen nach Ministeriumsangaben gut 32.000 Menschen an den Protesten teil. Vertreter der "Gelbwesten" sprachen dagegen auf Facebook von fast 231.000 Teilnehmern. 5000 Polizisten und mehrere gepanzerte Polizeifahrzeuge waren allein in Paris mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern im Einsatz. Der Polizei zufolge gab es 17 verletzte Polizisten und 42 Verletzte bei den Demonstranten. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, kamen 200 Menschen in Gewahrsam, darunter 15 Minderjährige.

Macron hatte im Januar einen "Bürgerdialog" in den Gemeinden und im Internet gestartet, der am Freitag zu Ende ging. Die "Gelbwesten" sahen darin ein Ablenkungsmanöver des ehemaligen Investmentbankers und "Präsidenten der Reichen" von ihren Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit, höheren Renten und Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Quelle: n-tv.de


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