Es ist sicher nicht einfach, eine Erkältung auszukurieren, wenn man nebenbei auch noch den Brexit durchpauken muss. Seit Tagen ist Theresa May schwer angeschlagen. Sie krächzt, wenn sie spricht. Auch an diesem Abend noch, in Brüssel.
Die Krankheit verstärkt nur den Eindruck, den die britische Premierministerin nach monatelangem Chaos mittlerweile auf politischer Ebene macht: Sie wirkt kraftlos, machtlos - und jetzt muss sie sich auch noch von der EU den weiteren Brexit-Kurs diktieren lassen.
Stundenlang haben die Europäer in Brüssel verhandelt - erst mit May, dann ohne sie. Herausgekommen ist ein neuer Fahrplan für den EU-Austritt der Briten, eine Art letzte Chance für die Premierministerin. Und jetzt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Das Wichtigste: Die Europäische Union gewährt den Briten einen Brexit-Aufschub. Ein Austritt Großbritanniens am 29. März ist damit vom Tisch. Stattdessen soll das Vereinigte Königreich am 22. Mai die Union verlassen, am Tag vor dem Beginn der EU-Wahlen. Voraussetzung: Das Unterhaus in London stimmt kommende Woche Mays Austrittsabkommen mit Brüssel endlich zu.
Scheitert May erneut im Parlament, erhalten die Briten Zeit bis zum 12. April. Bis dahin muss die Regierung erklären, wie es weitergehen soll. In diesem Fall blieben alle Optionen "auf dem Tisch", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Nacht: ein Austritt mit oder ohne Deal, ein langer Aufschub - oder gar die Brexit-Absage.
Im Fall einer Verlängerung der Brexit-Frist um weitere Monate müsste London eine klare Perspektive für eine Lösung aufzeigen. Vorstellbar wären ein zweites Referendum, Neuwahlen oder eine überparteiliche Einigung, ein weicherer Brexit etwa. So oder so: Bleibt Großbritannien über den 22. Mai hinaus in der EU, muss das Land aus Brüsseler Sicht an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen. Es wäre eine geradezu groteske Situation, die May bislang unbedingt vermeiden will.
spiegel
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