Beides sind schon längst Wald-und-Wiesen-Themen, aber es ist nun einmal so: Man muss jedes Mal wieder Fakten und Zahlen anführen und erläutern, wenn irgendein Kandidat zu erzählen beginnt, wie die Ukraine viel eigenes – und billiges – Gas fördern wird.
Erwähnenswert ist in diesem Kontext die Rhetorik des damals noch zukünftigen Ministerpräsidenten Arsseni Jazenjuk im Herbst 2013, der in vielen Talkshows erzählte, dass die Ukraine über nahezu grenzenlose Erdgasvorräte verfügen würde, dessen Förderung nur halb so viel kosten würde wie in Russland.
Nun steht in der Ukraine am kommenden Sonntag eine neue Präsidentschaftswahl bevor. Deshalb reden absolut alle Kandidaten, auch die sogenannten Oppositionskandidaten, zum Thema Gas. Auch solche, die von russischen Medien aus irgendwelchen Gründen als „prorussisch“ bezeichnet werden.
Um zu verstehen, dass es sich dabei um lupenreine Spekulationen handelt, muss man einige wichtige Fakten kennen. Erstens sind die bewiesenen Gasvorräte in der Ukraine sehr gering: Bestenfalls belaufen sie sich auf 1,3 Billionen Kubikmeter, was weniger ist, als beispielsweise das Schtokman-Gasfeld im Schelf der Barentssee in Russland birgt.
Hier muss angemerkt werden: Die westlichen Länder, die die Wiedervereinigung der Krim mit Russland nicht akzeptieren wollen, schätzen die ukrainischen Gasreserven immer noch auf 6,3 Billionen Kubikmeter. De facto besteht aber eines der Probleme der Ukraine darin, dass sich von ihr neben der Halbinsel Krim auch ein Gasfeld abgespalten hat, das sich auf fünf Milliarden Kubikmeter beläuft. Das ist einer der Gründe, warum Kiew gegen Moskau vor das Stockholmer Schiedsgericht gegangen ist und von ihm eine riesige Entschädigung verlangt: Die Ukrainer wollen für die verlorengegangenen Bohranlagen und auch für den entgangenen Gewinn abgefunden werden.
Aber setzen wir uns mit den realen Kennzahlen der Gasförderung in der Ukraine auseinander und damit, ob dieses Land irgendwann unabhängig vom russischen Brennstoff werden könnte.
Trotz der Behauptungen aller möglichen Politiker in Kiew, die Ukraine könnte die eigene Gasförderung im Handumdrehen aufstocken, ist dies bislang nicht geschehen. Und hier sind die Gründe dafür.
Auf dem ukrainischen Territorium gibt es zwei relativ große Vorkommen: das Jusowskoje-Gasfeld in den Gebieten Donezk und Charkow im Osten des Landes und das Olesskoje-Gasfeld in den Gebieten Lwow und Iwano-Frankowsk im Westen. Im Januar 2013 hatte noch die Regierung des Anfang 2014 gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitschs mit großem Aufsehen einen Vertrag mit dem Konzern Royal Dutch Shell abgeschlossen, dessen Umfang (zehn Milliarden Dollar) als größtes Investitionsprojekt in der Geschichte der unabhängigen Ukraine dargestellt wurde. Der damalige Premier Nikolai Asarow behauptete, das ukrainische Gas würde höchstens 120 Dollar pro 1000 Kubikmeter kosten, und die Vertragsbedingungen sahen vor, dass die Gasförderung spätestens 2017 beginnen sollte.
Wir schreiben inzwischen das Jahr 2019, und die statistischen Angaben von Naftogaz Europe zeugen davon, dass sich in den Jahren, die nach der „Maidan-Revolution“ vergangen sind, kein spürbarer Anstieg der Gasförderung beobachten lässt: 2015 wurden 19,9 Milliarden Kubikmeter gewonnen, 2016 belief sich diese Menge auf 20,1 Milliarden, 2017 auf 20,5 Milliarden und 2018 auf 21 Milliarden. Der größte Anteil liegt auf dem Unternehmen „Ukrgasdobytscha“, das im vorigen Jahr 15,5 Milliarden Kubikmeter gewonnen hat, und 8,7 Milliarden davon entfielen auf das Schebelinskoje-Gasfeld im Gebiet Charkow. Im Gebiet Poltawa wurden 6,1 Milliarden Kubikmeter gewonnen und im Gebiet Lwow die lächerliche Menge von 0,7 Milliarden Kubikmetern. Noch ein wenig tragen dazu die Firmen „Ukrnafta“ (1,1 Milliarden Kubikmeter) und „Tschernomornaftogas“ (0,1 Milliarden Kubikmeter) bei.
Extra erwähnenswert ist das private Segment der ukrainischen Gasbranche. Da handelt es sich im Grunde um zwei große Holdings: DTEK Oil&Gas, die dem Oligarchen Rinat Achmetow gehört (gewann 2018 etwa 1,65 Milliarden Kubikmeter Gas), und Burisma, in dessen Aufsichtsrat beispielsweise der Sohn des früheren US-Vizepräsidenten, Hunter Biden, und der ehemalige Präsident Polens, Aleksander Kwaśniewski, sitzen. Burisma hat nur halb so viel wie DTEK gewonnen, hegt aber riesige Pläne, nachdem das Unternehmen bei der Regierung in Kiew insgesamt 35 Lizenzen erworben hat. Andere Gasförderer gibt es in der Ukraine nahezu nicht.
sputniknews
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