Kürzlich hat Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die EU-Kommissionspräsidentschaft, in einem Gespräch mit der „Welt“ gefordert, dass Parteien, die „gegen die Ziele der Europäischen Union“ arbeiten, keine finanzielle Unterstützung mehr aus dem EU-Haushalt erhalten sollten. „Es gibt keine Institution auf der Welt, die so naiv ist, ihre eigenen Gegner zu finanzieren. Diese europafeindlichen Parteien bezahlen mit den EU-Geldern der Steuerzahler Wahlkämpfe, Aktionen und Plakate, deren Ziel es ist, die EU abzuschaffen“, sagte Weber. Erwähnt hat er dabei die „Rechtsradikalen von Le Pen oder auch weite Teile der AfD“.
Ob der „nicht naive“ Weber (CSU) sowas überhaupt durchsetzen werden darf? „Nach der derzeitigen Rechtslage nicht, denn laut dem europäischen Parteienstatut dürfen alle auf der europaischen Ebene registrierten politischen Parteien an der Parteienfinanzierung teilhaben“, kommentiert Dr. Alexandra Bäcker, Rechtswissenschaftlerin des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung, gegenüber Sputnik. „Das ist undemokratisch und wird sicher nicht funktionieren.“ Ob Weber als Mitglied des EU-Parlaments dies nicht wusste?
Die EU-Union sei ein merkwürdiges Gebilde, so Dr. Bäcker, aber nichtsdestotrotz würden in dieser demokratische Grundregeln und das Prinzip der Gleichheit gelten. „Das beinhaltet, dass man diejenigen, die auch andere Ansichten haben als man selbst, gleich behandeln muss.“ Schließlich müssen nicht alle Steuerzahler die Vorstellungen Webers von dem richtigen EU-Projekt teilen. Dass die EU in der Lage wäre, eine demokratischen Grundsätzen genügende Regelung nach dem Wunsch des EU-Kommissionspräsidenten einzuführen, sei kaum vorstellbar.
Um welche Summen geht es? „Im Jahre 2009 waren das noch 10,6 Millionen, 2017 schon 30 Millionen Euro.“ Diese werden jährlich im EU-Parlament im normalen Haushaltsverfahren festgelegt. Dr. Bäcker verweist darauf, dass 15 Prozent dabei gleichmäßig auf alle beteiligten Parteien aufgeteilt und 85 Prozent nur an diejenigen Parteien gehen würden, die durch Abgeordnete im EU-Parlament vertreten seien, also im Verhältnis zu deren erlangter Mitgliederzahl im Parlament. Im Zusatz müssen die Parteien nach dem Parteienstatut in mindestens sieben Mitgliedsstaaten vertreten sein. „Dies begrenzt schon den Kreis derjenigen, die überhaupt an der EU-Finanzierung partizipieren können“, betont die Expertin.
Als Fraktionschef der EVP und CSU-Mitglied wird Manfred Weber weitgehend als Anti-Söder gefeiert. Rituelles EU-Bashing, wie es der Mainstream der CSU und Bayerns Landeschef Markus Söder betreiben sollen, hält Weber für die falsche Strategie und setzt sich kontinuierlich für eine noch stärkere Integration innerhalb Europas ein, womit er allerdings immer die EU meint. Unter dem Hashtag #UnserEuropa steht er „für eine bürgerliche Politik der Mitte, eine Politik für die Menschen, eine Politik für eine gute europäische Zukunft“.
Er glaubt, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit würden in Europa unter Druck stehen, daher „brauchen wir einen neuen Mechanismus zum Schutz von Rule of Law, also der Rechtsstaatlichkeit, in Europa“.
Vor kurzem hat er die die vorläufige Suspendierung der rechtsnationalen ungarischen Fidesz-Partei von Viktor Orbán aus der konservativen Parteienfamilie der EVP mitinitiiert. Die konservative Parteienfamilie reagierte damit auf den Anti-EU-Kurs der Fidesz-Partei.
Anders als viele Kollegen in Deutschland lehnt er die Gaspipeline Nord Stream 2 kategorisch ab. Er kündigte sogar an, dass, falls er Junckers Nachfolger werden würde, das Projekt zu blockieren. „Meine Position ist klar: Nord Stream 2 ist gegen europäische Interessen und sollte blockiert werden“, sagte er gegenüber der Newsweek Polska. Und die EVP könne Russland nicht mehr als „strategischen Partner“ betrachten, wie aus ihrem Positionspapier hervorgehe. „Die Zeit für eine freundliche und diplomatische Sprache ist vorbei“, heißt es im Papier, das sich auch für weitere verschärfte Sanktionen stark macht.
Die EVP ist derzeit die größte Fraktion im Europaparlament und dürfte dies auch nach der Europawahl im Mai bleiben. Manfred Weber hat daher beim Parteikongress im November die besten Aussichten, zum Nachfolger des nicht mehr kandidierenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker gewählt zu werden. Schon viele prominente Mitglieder sollen sich hinter seine Kandidatur gestellt haben, darunter auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. „Wir freuen uns, mit Dir und für Dich zu laufen für eine starke Volkspartei und ein starkes Europa“, sagte Kurz im September bei einer Fraktionssitzung der EVP in Wien. Damit lobte er Weber als einen „leidenschaftlichen Europäer“.
sputniknews
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