Polnische Regierungschefin lehnt Änderung umstrittener Gesetze ab

  20 Januar 2016    Gelesen: 718
Polnische Regierungschefin lehnt Änderung umstrittener Gesetze ab
Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo lehnt Änderungen an den umstrittenen Gesetzen zu den Medien und zum Verfassungsgericht strikt ab. Ihre nationalkonservative Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) sei im Herbst mit ihrem Programm an die Regierung gewählt worden, sagte sie am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg. "Wir werden dieses Programm durchziehen, ohne Abstriche".
Zu dem von der EU-Kommission eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen sagte die Regierungschefin, es gebe "keinen Anlass", ihrem Land so viel Zeit zu widmen - zumal es in Europa zurzeit "wichtigere Probleme" gebe. Ihre Regierung sei zwar zum Dialog mit der EU bereit, aber nicht zu einem Verzicht auf ihre "Freiheit und Souveränität".

Als Vertreter der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft hatte Außenminister Bert Koenders zuvor die Einleitung des Verfahrens gerechtfertigt - eine Premiere in der Geschichte der EU.

Artikel 2 des EU-Vertrags nenne die Werte der Gemeinschaft: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sagte Koenders. Diese Prinzipien müssten von allen EU-Staaten eingehalten werden. "Wenn wir über Finanzen und Fische diskutieren, dann müssen wir auch über Rechtsstaatlichkeit diskutieren", sagte der Außenminister. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, versprach eine "unparteiische, auf Beweisen basierende und kooperative" Prüfung.

Szydlo kritisierte das Vorgehen der EU-Kommission. Die EU sei eine "Gemeinschaft von souveränen, gleichberechtigten Staaten", betonte sie. Polen sei ein freies Land und müsse das Recht haben, bei "innenpolitische Entscheidungen souverän" zu sein. "Wir dulden es nicht, zensiert zu werden", sagte die Ministerpräsidentin.

Zur Kritik an der Reform des Verfassungsgerichts sagte Szydlo, damit seien nur "Fehler" der Vorgängerregierung "korrigiert" worden. Ihrer Regierung gehe es um ein "Gleichgewicht" an dem Gericht. Sie habe nur fünf der insgesamt 15 Verfassungsrichter neu ernannt, die Rechte der Opposition würden damit respektiert.

Die polnische Regierung hatte nach ihrem Amtsantritt im November eine Entscheidung ihrer Vorgängerregierung zur Ernennung von fünf Verfassungsrichtern rückgängig gemacht. Das Verfassungsgericht entschied im Dezember, dass drei der Neubesetzungen nicht rechtmäßig waren. Dem neuen Gesetz zufolge benötigt das Verfassungsgericht für seine Entscheidungen künftig außerdem eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Auf Kritik in Brüssel stößt zudem, dass die Chefs des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP und des Radiosenders PR künftig direkt von der Regierung und nicht durch ein unabhängiges Gremium ernannt oder abberufen werden können. Dazu sagte Szydlo lediglich, es solle sichergestellt werden, dass die Sender "unpolitisch und unabhängig" berichten.

Sprecher der meisten Fraktionen reagierten mit harscher Kritik auf Szydlos Ausführungen. Europa sei eine Wertegemeinschaft, nicht nur ein gemeinsamer Markt, betonte der spanische Christdemokrat Esteban Gonzáles Pons. Die polnische Regierung könne Gesetze ändern, nicht aber "die Werte der EU". Die neuen Maßnahmen lähmten das polnische Verfassungsgericht, kritisierte der Vorsitzende der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt.

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