Deutsche Bummel-Bahn

  15 April 2019    Gelesen: 762
Deutsche Bummel-Bahn

Theoretisch könnte der ICE der Deutschen Bahn mit bis zu 300 km/h durchs Land rasen. Tatsächlich schleicht er die meiste Zeit über die Gleise. Der Vergleich mit dem französischen TGV zeigt die Gründe.

9.10 Uhr verlässt der TGV den Stuttgarter Hauptbahnhof. Die Fahrt nach Paris wird genau drei Stunden und 23 Minuten dauern. Und sie wird aus zwei Teilen bestehen. Einer eher gemütlichen Gondelei über Karlsruhe nach Straßburg. Und einer rasanten Sause ab Straßburg bis zum Gare de l'Est von Paris.

Der Schnellzug aus Frankreich kann in Deutschland sein Sprintvermögen nur hinter Stuttgart kurz andeuten. Gut 90 Minuten dauert die 180 Kilometer lange Fahrt bis Straßburg - das entspricht durchschnittlich 120 km/h.

Die restlichen 450 Kilometer bis Paris spult der TGV dann in nicht einmal zwei Stunden herunter. Bis zu 320 km/h schnell darf er dabei fahren und im Durchschnitt doppelt so schnell wie von Stuttgart nach Straßburg.

Dass der TGV hierzulande trödelt und in Frankreich Vollgas gibt, liegt nicht etwa an seiner französischen Technik. Ursache sind vielmehr die Trassen in Deutschland, die nur auf ein paar Dutzend Kilometern für Geschwindigkeiten über 160 km/h zugelassen sind.

Wie dem TGV in Baden-Württemberg geht es auch dem ICE - und zwar vielerorts in Deutschland. Viel zu oft müssen die Züge ihre Fahrt drosseln, weil die Gleise hohe Geschwindigkeiten nicht erlauben, eine Durchfahrt durch einen Ort ansteht, ein paar Kilometer voraus ein rotes Signal wartet oder weil Gleisabschnitte noch durch andere Züge belegt sind.

Frankreich und Deutschland haben Milliarden in ihre Hochgeschwindigkeitsnetze investiert. Aber richtig schnell fahren die Züge nur auf französischen Gleisen.

spiegel


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