Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, kritisiert Bundeskanzlerin Angela Merkel hart wegen ihres Treffens mit Präsident Petro Poroschenko wenige Tage vor der Stichwahl in der Ukraine. "Es ist ein politischer Fehler und befremdlich, dass Frau Merkel Poroschenko anderthalb Wochen vor der Wahl getroffen hat", sagte Schmid dem SPIEGEL. "So ist der Eindruck einseitiger Parteinahme entstanden."
Die CDU-Politikerin hatte Poroschenko vergangenen Freitag im Kanzleramt empfangen und dies damit begründet, mit dem ukrainischen Präsidenten dringende Themen besprechen zu müssen. Poroschenko liegt in den Umfragen weit hinter seinem Herausforderer Wolodymyr Selensky zurück. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am gleichen Tag erst Selensky und dann Amtsinhaber Poroschenko in Paris empfangen. Die Stichwahl in der Ukraine findet am Ostersonntag statt.
"Auch wenn Selensky uns in Deutschland nicht so bekannt ist und wir mit Poroschenko bislang gut zusammengearbeitet haben, so hat doch auch Selensky sich klar zum proeuropäischen Kurs der Ukraine bekannt und seinen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Korruption und die Einheit des Landes gelegt", sagte der SPD-Außenpolitiker weiter. "Anstatt den polarisierenden Wahlkampf Poroschenkos nach dem Motto 'Ich oder Putin' zu befördern, wäre es besser gewesen, Merkel hätte wie Präsident Macron das Gespräch mit beiden Kandidaten gleichermaßen gesucht."
Die Kanzlerin hatte entsprechende Vorwürfe bereits zurückgewiesen, die bislang allerdings nur von der Opposition vorgebracht wurden. Mit dem Sozialdemokraten Schmid äußert sich nun der zuständige Fachpolitiker des Koalitionspartners. Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer traf sich vergangenen Freitag in Berlin mit Poroschenko.
Merkel und den Präsidenten verbindet eine jahrelange Zusammenarbeit, die Kanzlerin hat sich im Ukrainekonflikt seit der sogenannten Maidan-Revolution Ende 2013 besonders engagiert, Deutschland und Frankreich versuchen, den Konflikt zwischen Kiew und Moskau im "Normandie-Format" zu lösen.
SPD-Außenpolitiker Schmid war vergangene Woche in Kiew zu politischen Gesprächen vor der Stichwahl um die Präsidentschaft und traf sich dabei unter anderem mit dem Wahlkampfleiter Selenskys. Der Herausforderer Poroschenkos ist TV-Produzent und Comedian.
Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl liegt der Amtsinhaber in einer aktuellen Befragung mit 30 Prozentpunkten hinter Selensky zurück. Selbst wenn die Unentschlossenen für Poroschenko stimmen würden, hätte er nach diesem Meinungsbild keine Chance, erneut Staatschef zu werden. Zumal selbst im Westen des Landes, eigentlich eine Hochburg des Amtsinhabers, Selensky nun mit drei Prozentpunkten führt. In der ersten Runde hatte er doppelt so viele Stimmen wie der Amtsinhaber erhalten.
spiegel
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