Rohani gibt Europa 60 Tage

  08 Mai 2019    Gelesen: 926
 Rohani gibt Europa 60 Tage

Irans Präsident setzt auf Eskalation - und den Europäern eine Frist: Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollen binnen zwei Monaten das Atomabkommen retten. Er droht, sonst Flüchtlinge und Drogen aus Afghanistan durchzuwinken.

Genau ein Jahr hat sich Iran Zeit gelassen, um auf die Aufkündigung des Atomabkommens (JCPOA) durch Donald Trump zu reagieren. Obwohl der US-Präsident am 8. Mai 2018 den Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Deal verkündete, hat sich Teheran bislang weiterhin an die Vereinbarung gehalten - das hat die Internationale Atomenergieorganisation IAEA in bislang 14 Berichten bestätigt.

Damit soll nun Schluss sein. Iran steigt zwar nicht aus dem Deal aus, will aber zwei Punkte aus der Vereinbarung mit Deutschland sowie den Uno-Vetomächten China, Russland, Großbritannien und Frankreich in den nächsten 60 Tagen nicht länger umsetzen. Das kündigte Präsident Hassan Rohani am Mittwoch in einem Schreiben an die anderen Vertragspartner sowie in einer TV-Ansprache an.

Konkret geht es um die Verpflichtung, nicht mehr als 300 Kilogramm Uran zu besitzen, das auf 3,67 Prozent angereichert ist. Der Überschuss, der bei der Urananreicherung in der Nuklearanlage Natans anfällt, wurde bisher an Drittländer verkauft. Diesen Verkauf setzt Iran nun für zwei Monate aus. Zudem will sich das Land laut Rohani vorerst nicht mehr an das Verbot halten, mehr als 130 Tonnen Schwerwasser zu behalten, das in Atomreaktoren eingesetzt wird.

Die angekündigten Maßnahmen sind relativ milde Verletzungen des JCPOA. Rohani hätte etwa die IAEA-Inspektoren aus dem Land werfen oder den Bau neuer Zentrifugen zur Urananreicherung verkünden können. Damit hätte er das Signal ausgesendet, dass er die schnelle Wiederaufnahme des Atomprogramms auf den Umfang vor Inkrafttreten des Deals 2015 anstrebt.

Zudem spricht manches dafür, dass Iran auch nach dem Ende der 60-Tages-Frist die im JCPOA festgelegten Grenzwerte einhält. Am 19. Februar besaß Teheran nach Angaben der IAEA gerade einmal 163,8 Kilogramm auf 3,67 Prozent angereicherten Urans und 124,8 Tonnen Schwerwasser.

Rohani betont, dass er in Übereinstimmung mit dem JCPOA handele - er beruft sich auf die Artikel 26 und 36 des Dokuments. In Artikel 26 ist festgeschrieben, dass Iran bei einer Wiedereinsetzung von Sanktionen aufhören werde, seine Verpflichtungen gemäß dem JCPOA ganz oder teilweise umzusetzen. Artikel 36 sieht vor, dass die Gemeinsame Kommission des JCPOA - ein Gremium, in dem die Außenminister der Unterzeichnerstaaten vertreten sind - nun über den Streit beraten und eine Lösung finden soll.

spiegel


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