China sei ein Dauerthema in der Weltpolitik, in den Beziehungen zwischen Europa und China, aber auch zwischen China und den USA, meint Heinz Gärtner. Für die USA sei im Moment China viel wichtiger als Europa, und Europa müsse aufpassen, dass es bei diesen bilateralen Beziehungen nicht ignoriert wird. Europa müsse seine Interessen festlegen. China sei der zweitgrößte Handelspartner der EU, und was die Einfuhren betrifft, so sei China sogar der größte Partner.
„China spielt in der Weltpolitik eine Rolle und es gibt kaum Entscheidungen, die ohne China getroffen werden können. China ist im Moment ein Faktor, der Multilateralismus betont. Das ist etwas, was den Europäern auch sehr nahe liegt, während die USA unter Trump viel mehr jetzt auf unilaterale Handlungen setzten. Die Philosophie der USA bezüglich Chinas ist Eindämmungspolitik, und die Philosophie Europas ist bei unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen die Einbindung Chinas in die Beziehungen. Natürlich ist Russland auch ein ganz wichtiger Faktor. Die Europäische Union, und in dem Fall auch Österreich, sind an den Beziehungen mit Russland und China sehr interessiert“, sagte der Professor an der Wiener Universität.
Eine der Fragen der Diskussion lautete, ob Chinas neue Beteiligung an der Weltpolitik eine Bedrohung oder eine Chance für die internationale Stabilität sei. Gärtnert äußerte die Auffassung, dass China einerseits technologische Fortschritte und bemerkenswerte Ergebnisse in der Wirtschaft gezeigt habe, andererseits habe China ein autoritäres System. Er teilt aber nicht die gängige Ansicht, dass mit der Neuen Seidenstraße (One Belt, One Road) China sein politisches System nach Europa exportieren würde.
„Die Seidenstraße bringt natürlich bei den beteiligten Ländern Investitionen, Infrastrukturverbesserungen, Energiezugang, Transportmöglichkeiten. Aber China hat natürlich seine eigenen Interessen und bevorzugt die eigenen Unternehmen. Bestimmte Länder müssen darauf aufpassen, dass sie dann nicht in eine Schuldenfalle tappen. Aber die Annahme, dass China das autoritäre System mit der Seidenstraße exportieren wird, glaube ich, ist eine Propaganda“, sagt Gärtner.
Er erwähnte in diesem Zusammenhang das Internationalen One Belt, One Road-Forum in Peking im April d.J., an dem etwa 150 Staaten teilgenommen haben, und wies darauf hin, dass bestimmte Länder in Ost- und Mitteleuropa ohne chinesische Investitionen nicht aufholen könnten. Für ihre Entwicklung sei die EU wahrscheinlich nicht genug, so Gärtner. Das betreffe Bulgarien, Rumänien, Italien. Sehr viele Staaten hätten Interesse am Projekt gezeigt, auch internationale Organisationen, die die Zivilgesellschaft ausbauen möchten, was wichtig sei, weil man über die Zivilgesellschaft mögliche Konflikte thematisieren könne.
Der Experte erwähnte auch, dass die USA eine andere Sicht in dieser Frage hätten und die Seidenstraße-Initiative blockieren wollten, wie das schon mit Nord Stream 2 passiert. Doch die Europäer möchten sich mit diesem Projekt etwas unabhängiger von den USA machen, betonte Gärtner.
China sei ein gewisser Bündnispartner in solchen Fragen, wie das Nuklearabkommen mit dem Iran, sagte der Vorsitzende des Beratenden Ausschusses für Strategie und Sicherheitspolitik der Wissenschaftlichen Kommission der Streitkräfte Österreichs (BMLV) weiter.
„Recht oder schlecht will Europa daran festhalten, und China und Russland sind mit an Bord. Da gibt es Unterschiede zur Haltung der USA. Ich befürchte leider, dass die Europäer nicht in der Lage sind, den Konflikt zu stoppen. Das zeigt schon, dass der US-Außenminister Mike Pompeo Berlin ignoriert hat und die Länder der EU und des Mittleren Ostens auf einen militärischen Konflikt vorbereiten will. Auch beim Nordkorea-Konflikt muss man von bilateraler Ebene weggehen und auf eine multilaterale Ebene setzen, ganz zu schweigen, dass Nordkorea beteiligt werden muss. China, Russland und die EU haben ein großes Interesse, dass der Konflikt gelöst wird, und das ist ein multilaterales Problem“, so Gärtner.
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