Nach der Europawahl sind zahlreiche europäische Spitzenposten zu vergeben. Ende Oktober wird unter anderem der Posten des EU-Kommissionschefs frei, aber auch das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) muss zu diesem Zeitpunkt neu besetzt werden.
Zwei Deutsche sind für die Posten im Gespräch: Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, könnte Nachfolger von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werden. Und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wird als Kandidat für die Nachfolge des EZB-Chefs Mario Draghi gehandelt.
Allerdings ist auch klar: Wenn überhaupt, dann kann maximal ein Deutscher einen europäischen Spitzenposten beanspruchen. Eine Übersicht über die Brüsseler Personalspekulationen:
CSU-Vize Manfred Weber steigt bei der Europawahl als Spitzenkandidat der europäischen Parteienfamilie der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) in den Ring. Wie viele andere im Europaparlament auch erhebt er den Anspruch, dass nur eine Person, die als Spitzenkandidat bei der Europawahl angetreten ist, auch Juncker-Nachfolger werden kann. Allerdings hat Weber mit zwei gravierenden Schwierigkeiten zu kämpfen: Zum einen ist nicht sicher, ob er nach der Europawahl im EU-Parlament die nötige Mehrheit der Abgeordneten hinter sich versammeln kann.
Aufgrund des erwarteten Zuwachses bei den Rechtspopulisten und der Neuzugänge von der französischen Regierungspartei „La République en Marche“ werden die Konservativen von der EVP und die Sozialdemokraten voraussichtlich erstmals keine gemeinsame Mehrheit zu Stande bringen. Die „Groko“ zwischen EVP und Sozialdemokraten brachte nach der letzten Europawahl von 2014 den Luxemburger Jean-Claude Juncker ins Amt des Kommissionschefs. Doch diesmal läuft alles anders.
Das zweite Hindernis für Weber liegt im Widerstand des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gegen das Spitzenkandidaten-Prinzip. Bei der letzten Europawahl machte der sozialdemokratische Wahlverlierer Martin Schulz noch am Wahlabend intern im Europaparlament den Weg für Juncker frei. Macron will verhindern, dass erneut ein ähnlicher Schnell-Deal – diesmal geschmiedet von Weber – zu Stande kommt. „Wir sollten die Situation von 2014 nicht wiederholen“, sagt ein enger Berater Macrons.
Frankreichs Präsident setzt darauf, dass nicht das Europaparlament bei der Entscheidung über die Juncker-Nachfolge am längeren Hebel sitzt, sondern die Staats- und Regierungschefs. Macron und Co. wollen sich am kommenden Dienstag ein weiteres Mal mit den kommenden Entscheidungen über die europäischen Spitzenämter befassen.
Zuletzt hatten sie Anfang Mai beim EU-Gipfel im rumänischen Sibiu über das Brüsseler Personalkarussell gesprochen. Dabei hatte Macron noch einmal seine Ablehnung des Spitzenkandidaten-Prinzips bekräftigt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt zwar Weber als Frontmann im EVP-Wahlkampf, hält sich aber wie so oft alle Optionen offen.
Zwischendurch war auch gemutmaßt worden, dass Macrons Augenmerk gar nicht so sehr der Juncker-Nachfolge gelte, sondern eher einem französischen Kandidaten für den . In Paris wird diese Lesart allerdings zurückgewiesen. Mit Blick auf die Posten des Kommissionspräsidenten und des EZB-Chefs sagt Macrons Berater: „In der Hierarchie ist der Kommissionspräsident wichtiger.“
tagesspiegel
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