Jetzt soll Merkel Weber retten

  27 Mai 2019    Gelesen: 699
Jetzt soll Merkel Weber retten

Der Deutsche Manfred Weber will EU-Kommissionschef werden, doch seine Union schmierte bei der Wahl ab - und Frankreichs Präsident Macron will ihn verhindern. Ein neues Argument soll nun helfen.

Manfred Weber redet erst mal nicht davon, wie toll seine Partei abgeschnitten hat, er lobt nicht die fleißigen Wahlkämpfer von CDU und CSU und anderen europäischen Parteien. Nein, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) betont einen Punkt, den Politiker nach einer Abstimmung eher selten als großen Erfolg feiern: Weber freut sich über die hohe Wahlbeteiligung. "Das ist eine tolle Botschaft", ruft er seinen Anhängern zu, die in einem Konferenzraum eines Hotels im Brüsseler Europaviertel auf ihn gewartet haben. "Zu diesem guten Ergebnis haben wir beigetragen."

Die gestiegene Wahlbeteiligung ist allerdings auch das einzige positive Ergebnis, das Weber um kurz vor 23 Uhr am Sonntagabend verkünden kann. Der EVP-Spitzenkandidat ist von Berlin nach Brüssel geeilt, er schaut kurz bei seinen Parteifreunden vorbei, so richtig in Feierlaune sind sie nicht. Die Zahl der deutschen Unionsabgeordneten im Parlament beispielsweise schrumpft von 34 auf 29.

Nein, dieser Wahlabend ist nicht so verlaufen, wie es sich Manfred Weber erhofft hat. Der Weber-Effekt ist ausgeblieben, im Gegenteil: Die CDU verliert rund sieben Prozentpunkte, die CSU in Webers Heimat in Bayern legt bloß einen Prozentpunkt zu und auch mit Blick auf die Ergebnisse in ganz Europa kommt nicht wirklich Freude auf.

Sicher, die EVP, zu der CDU und CSU in Deutschland gehören, wurde erneut stärkste Kraft. Doch auch in Europa sind die Verluste herb, auch hier ist das noch miesere Ergebnis der Sozialdemokraten nur ein schwacher Trost. Und dann ist da noch das große Bild: In zwei Gründungsstaaten der EU sind die Rechtspopulisten zur stärksten Kraft geworden, in Italien und Frankreich.

Weber, der Wahlsieger, geht gerupft in die nächsten Tage, die darüber entscheiden könnten, ob er tatsächlich Kommissionspräsident wird. Die Frage steht im Raum, mit wieviel Selbstbewusstsein er seinen Anspruch noch anmelden kann. "Ich lade alle Parteien dazu ein, sich an einen Tisch zu setzen und einen Konsens zu finden", sagt er am Abend im Parlament. Das klingt eher bescheiden. Sozialdemokraten, Liberale und Grüne sollen mit ihm beschließen, dass das Europaparlament nur einen Spitzenkandidaten als künftigen Kommissionschef akzeptieren werde, so schwebt es Weber vor.

Webers Kontrahent von den Sozialdemokraten, Frans Timmermans, und auch die Vertreterin der Liberalen, EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, machten indes schon mal klar, dass sie erst mal über Inhalte reden wollen: mehr Klimaschutz, Gleichberechtigung, Besteuerung von Digitalunternehmen. Eine Mehrheit dafür haben Sozialdemokraten, Liberale und Grüne ohne die EVP allerdings auch nicht. Es dürfte zäh werden.

Den Parlamentsbeschluss will Weber den Staats- und Regierungschefs entgegenhalten, die am Dienstagabend beim Dinner in den Postenpoker einsteigen. Die europäischen Verträge sehen vor, dass die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Vorschlag für den Posten des Kommissionschefs die Ergebnisse der Europawahl berücksichtigen.

spiegel


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