Zehn Tage nach der Europawahl stimmen die Dänen über ihr neues Parlament ab. Umfragen zufolge steht dem nördlichen Nachbarn Deutschlands bei der Wahl ein Regierungswechsel ins Haus. Die Sozialdemokraten um Parteichefin Mette Frederiksen können demnach als Favoriten auf den Wahlsieg hoffen.
Der Überraschungscoup der liberalen Partei von Regierungschef Lars Løkke Rasmussen bei der EU-Wahl macht dem konkurrierenden Lager aber noch Hoffnung. Løkkes Partei Venstre war bei der Europawahl am 26. Mai stärkste Kraft in Dänemark geworden, nachdem die ersten Prognosen am Wahlabend noch die Sozialdemokraten vorne gesehen hatten. Für Venstre war es das beste Ergebnis bei einer EU-Wahl überhaupt, für Løkke ein Hoffnungsschimmer dafür, dass es doch noch etwas werden könnte mit weiteren Jahren in der Regierung.
Ob sich diese Hoffnungen bestätigen, ist allerdings sehr ungewiss. Die jüngsten Umfragen des Institus Voxmeter im Auftrag der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau sehen Frederiksens Sozialdemokraten bei knapp 30 Prozent, während Løkkes Liberale bei etwa 18,2 Prozent stehen. Seit Monaten hat sich dieses Bild der klar führenden Sozialdemokraten verfestigt, Løkke konnte nicht wirklich aufholen. Dass er immer wieder auf die gute Situation Dänemarks und die Errungenschaften seiner Regierungszeit verwies, verfing beim Wähler bislang offenbar nicht.
Rechtspopulisten in der Krise
Und nicht nur die Zahlen der beiden größten Parteien deuten auf einen Führungswechsel in Kopenhagen hin: Glaubt man den Umfragen, dürfte der sogenannte rote Block um Frederiksen auf etwa 108 der 179 Mandate im Parlament kommen, während der blaue Block um Løkke nur bei 67 liegt.
Ein Grund dafür ist, dass die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die die dänische Regierung bislang mit ihren Stimmen stützte, bei mauen 10 Prozent liegt. Das ist weniger als die Hälfte der 21,1 Prozent, die die Partei bei der vorangegangenen Parlamentswahl 2015 erzielt hatte. Bei der EU-Wahl hatte die Partei im Gegensatz zu anderen Rechtspopulisten in Europa ein Katastrophenergebnis eingefahren - von ihren 26,6 Prozent bei der EU-Wahl 2014 stürzte sie auf unter 11 Prozent ab.
Ist damit bereits alles entschieden im Staate Dänemark? Gewinnt Frederiksen, würde Skandinavien noch ein Stück sozialdemokratischer - in Schweden regiert mit Stefan Löfven ein Parteifreund, in Finnland hat mit Antti Rinne ein weiterer Sozialdemokrat das Ruder übernommen. Nach Løkkes Vorgängerin Helle Thorning-Schmidt wäre Frederiksen die zweite Ministerpräsidentin in der Geschichte Dänemarks.
Wohlfahrt für Dänen, Härte gegen Andere
Mit ihren 41 Jahren kann die Vorsitzende der Sozialdemokraten bereits auf eine steile politische Karriere zurückblicken. Als 15-Jährige trat sie den Jungsozialisten bei, mit 24 Jahren wurde sie Abgeordnete, danach Arbeits- und Justizministerin, 2015 schließlich trat sie an die Spitze ihrer Partei.
Frederiksens Programm lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: Wohlfahrt für die Dänen und Härte gegen die Anderen. So soll etwa das Renteneintrittsalter für bestimmte Gruppen herabgesetzt und die Ausgaben für Gesundheit und Bildung aufgestockt werden. Asylbewerber dagegen sollen unter UN-Aufsicht auf dem afrikanischen Kontinent in Lagern untergebracht werden.
Frederiksens Kalkül läuft darauf hinaus, das Stimmenpotenzial der rechten Volkspartei und der noch extremeren Neuen Rechten abzugraben. Dann könnte sie sich in Migrationsfragen im Parlament von einer Mitte-Rechts-Mehrheit unterstützen lassen, in der Sozialpolitik von einer Mitte-Links-Mehrheit.
Quelle: n-tv.de, ftü/dpa/AFP
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