“Die Lage in der Region, in der wir uns hier befinden, ist hochbrisant und sie ist außerordentlich ernst”, sagte Maas nach einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen Mohammad Dschawad Sarif am Montag. Eine militärische Konfrontation könne in niemandes Interesse sein und müsse unter allen Umständen vermieden werden. Sarif erklärte, die Spannungen ließen sich nur verringern, wenn der Wirtschaftskrieg der USA gegen sein Land gestoppt werde. “Die, die solche Kriege anzetteln, können nicht erwarten, sicher zu bleiben”, warnte er. Am Nachmittag wollte Maas mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani zusammenkommen.
Deutschland, Großbritannien und Frankreich stünden zum Atomabkommen und wollten ihre Verpflichtungen daraus erfüllen, betonte Maas. “Dabei werden wir keine Wunder bewirken, doch wir bemühen uns nach Kräften, alles zu tun, um ein Scheitern abzuwenden.” Derzeit arbeiteten die Europäer intensiv daran, das Zahlungssystem Instex in Gang zu bringen, das Firmen im Iran-Geschäft vor den neuen harten US-Sanktionen schützen soll. Er rechne damit, dass in naher Zukunft die erste Transaktion über Instex abgewickelt werden könne. “Das ist ein Instrument neuer Art, deshalb ist das nicht unkompliziert”, sagte der Minister. “Aber alle formalen Voraussetzungen sind geschaffen, und deshalb gehe ich davon aus, dass wir damit auch in absehbarer Zeit am Start sind.”
Seit Verhängung der neuen US-Sanktionen geht das Iran-Geschäft auch deutscher Firmen wieder zurück. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres halbierte sich der Handel zwischen Deutschland und dem Iran nach Angaben der Deutsch-Iranischen Handelskammer. In einer ersten Phase sollen über Instex nur humanitäre Güter in den Iran geliefert werden, später dann auch andere Produkte. Instex dürfte damit zunächst vor allem ein politisches Zeichen setzen, wirtschaftlich aber bei weitem nicht die Verluste des Iran durch den Wegfall von Erdöleinnahmen wegen der US-Sanktionen wettmachen.
SARIF - SIND BEREIT ZU ZUSAMMENARBEIT MIT EUROPÄERN
Maas sprach auch Streitpunkte an, etwa das Engagement des Iran in den Kriegen in Syrien und dem Jemen. In beiden Ländern müssten die Aktivitäten der Vereinten Nationen unterstützt werden, forderte er. Die Konflikte könnten nur politisch und nicht militärisch gelöst werden. “Deshalb haben wir auch ein großes Interesse am Dialog mit dem Iran, der in diesen Regionen Einfluss hat und auch Einfluss ausübt”, sagte Maas. US-Präsident Donald Trump hatte die Rolle des Iran in der Region neben dessen Raketenprogramm als einen Grund für den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen genannt.
Sarif bewertete die Gespräche als ernsthaft und deutlich, bezeichnete Maas aber mehrfach als Freund. “Wir sind großer Hoffnung, dass die Anstrengungen von unseren Freunden in Europa zum Ziel führen, zum Erhalt des Atomabkommens”, erklärte er. “Wir sind bereit, in diesem Bereich zusammenzuarbeiten.” Der Iran hatte den Europäern mehrfach vorgeworfen, nicht genug zu tun, um den beiderseitigen Handel vor den US-Sanktionen zu bewahren, und deshalb mit einem Ausstieg aus dem Abkommen gedroht. “Bisher haben wir keine praktischen und greifbaren Schritte der Europäer gesehen, um die Erfüllung der iranischen Interessen sicherzustellen”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums dem Staatsfernsehen zufolge noch kurz vor dem Treffen von Maas und Sarif.
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran haben sich ein Jahr nach dem Ausstieg der US-Regierung aus dem Atomabkommen deutlich verschärft. Im Mai zog die Regierung in Washington die Sanktionsschraube stark an, seither sind alle Erdölexporte des Iran mit harten Sanktionen belegt. Zudem verstärkten die USA ihre Truppen in der Region, was Furcht vor einem Krieg auslöste.
Für den Iran sind die Erdölausfuhren eine lebenswichtige Einnahmequelle. Zuletzt sanken die offiziell bekannten Erdölexporte des Landes deutlich unter die als entscheidend geltende Marke von einer Million Barrel am Tag. Beobachtungen der iranischen Öltanker und Angaben aus Industriekreisen lassen darauf schließen, dass sich die Rohölausfuhren im Mai gegenüber dem Vormonat auf etwa 400.000 Barrel am Tag mehr als halbierten. Vor dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen lagen die Exporte im April 2018 bei mindestens 2,5 Millionen Barrel pro Tag.
Der Iran hatte mit dem Atomabkommen 2015 nach jahrelangen Verhandlungen eine deutliche Begrenzung seines Nuklearprogramms akzeptiert. Im Gegenzug sollte die Aufhebung der Sanktionen die Wirtschaft ankurbeln. Dieser Aufschwung wurde durch die US-Sanktionen abrupt gestoppt. Viele auch deutsche Firmen zogen sich aus dem Land zurück, da sie US-Strafmaßnahmen fürchten.
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