Zahl der Flüchtlinge auf Rekordhoch: UN-Kommissar zeigt sich besorgt

  19 Juni 2019    Gelesen: 648
  Zahl der Flüchtlinge auf Rekordhoch: UN-Kommissar zeigt sich besorgt

Die Flüchtlingszahlen weltweit erreichen einen neuen Rekord. Mehr als 70 Millionen Menschen sind im Jahr 2018 vor Gewalt und Konflikten geflohen. Das sind zwei Millionen mehr als im letzten Jahr. Der UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi fordert mehr Solidarität. Das Errichten von Mauern löse dabei keine Probleme.

Es gibt weltweit so viele Flüchtlinge und Vertriebene wie nie zuvor in der fast 70-jährigen Geschichte des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Ende 2018 flohen 70,8 Millionen Menschen vor Gewalt, Konflikten, Verfolgung oder Menschenrechtsverletzungen, heißt es im UN-Flüchtlingsbericht „Global Trends 2018“, der am Mittwoch vom UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi in Berlin vorgestellt wurde. Im vergangenen Jahr hatte der UNHCR die Gesamtzahl noch auf 68,5 Millionen Menschen geschätzt.

Grandi nannte die neuen Zahlen „besorgniserregend“. Unter den 70,8 Millionen flüchteten 41,3 Millionen im eigenen Land, 25,9 Millionen waren außerhalb Flüchtlinge und 3,5 Millionen Asylsuchende. Rund die Hälfte der Menschen, die auf der Flucht sind, seien Kinder, betonte der UN-Kommissar.

UNHCR-Chef: „Mauern sind keine Lösung“

Er bemängelt, dass diese Entwicklung für politische Zwecke missbraucht werde. „Die Ankunft der Menschen in Not und Stress wird oft als Invasion, als Bedrohung für unsere Sicherheit und unsere Wirtschaft präsentiert. Und viele Politiker haben verstanden, wenn man das in dieser Manier vorbringt, sorgt es für einen breiten Konsens in der jeweiligen Bevölkerung und bringt viele Stimmen bei den Wahlen“. Doch Ablehnung, Abschiebung oder das Errichten von Mauern werde nicht das Problem lösen, so der UNHCR-Chef.

Dabei trügen die größte Verantwortung nicht die westlichen Länder, in denen viele Politiker heute von einer Krise sprächen, die nicht mehr zu bewältigen sei, erklärte der Kommissar. Reiche Länder haben nach UNHCR-Angaben zusammen 16 Prozent der Flüchtlinge aufgenommen. Ein Drittel der Flüchtlinge weltweit habe Zuflucht in den ärmsten Ländern gefunden. Zwischen 80 und 90 Prozent der 70 Millionen befänden sich in armen Ländern. Somit sei das auch eine „Krise der Armut“, bemerkte Grandi.

Grandi lobt Merkels Politik

„7,5 Milliarden Menschen müssen doch mit 70 Millionen Menschen umgehen können“, sagte Grandi. Er mahnte eine notwendige Zusammenarbeit der Staaten in Fragen der Aufnahme von Flüchtlingen sowie einer verstärkte Entwicklungshilfe der Herkunfts- und Aufnahmeländer an. Jedoch sei das Gegenteil der Fall. Die internationale Staatengemeinschaft arbeite gegeneinander. Einige Staaten beteiligten sich sogar an Konflikten und verursachten damit noch mehr Verdrängung und Flucht.

Der UN-Hochkommissar lobte die Bundesrepublik am Dienstag bei der Vorstellung des Flüchtlingsberichts in Genf:

„Deutschland ist ein Modell, das andere Länder kopieren sollten“, betonte er.  „Das Land hat Geld in die Integration gesteckt und so widerlegt, dass diese Krise nicht zu managen ist.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zwar einen hohen Preis für ihre Politik gezahlt, meinte Grandi. „Aber die Geschichte wird darüber urteilen und ihre Politik wird als positive in die Geschichte eingehen.“

Deutschland ist nach der UNHCR-Statistik das einzige westliche Land unter den fünf Ländern mit den meisten Flüchtlingen. Ende vergangenen Jahres befanden sich in Deutschland dem Bericht zufolge 1,1 Millionen anerkannte Flüchtlinge sowie rund 370.000 Asylsuchende, über deren Fälle noch nicht entschieden war. Mehr Flüchtlinge gab es nur in der Türkei (3,7 Millionen), in Pakistan (1,4 Millionen) und Uganda (1,2 Millionen).

Weitere Zahlen des Berichts

Zweidrittel der Flüchtlinge weltweit kommen aus fünf Ländern: Mit dem größten Abstand liegt Syrien (6,7 Millionen) vorn, gefolgt von Afghanistan mit 2,7 Millionen, Südsudan (2,3 Millionen), Myanmar (1,1 Millionen) und Somalia (900 000).

Die mit Abstand größte Zahl der Asylsuchenden kam neuerdings aus Venezuela: Mit insgesamt gut 342.000 stellten Venezolaner jeden fünften Asylantrag weltweit. An zweiter Stelle lagen Afghanen mit rund 107.000 und Syrer mit gut 106.000.

Die Zahl der Migranten, die bessere Arbeits- und Lebensbedingungen im Ausland suchen, schätzte das UN-Büro für Migration (IOM) 2017 weltweit auf 258 Millionen.

sputniknews


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