CDU ringt mit rechtem Rand im Osten - Streit über Umgang mit AfD

  21 Juni 2019    Gelesen: 934
CDU ringt mit rechtem Rand im Osten - Streit über Umgang mit AfD

Berlin (Reuters) - Dass die drei ostdeutschen Landtagswahlen für CDU und SPD sehr heikel werden können, wissen die Spitzen der alten Volksparteien spätestens seit dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl.

Aber für die CDU enthalten die Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im Herbst einen wahren Sprengsatz: Denn es schwelt die unausgesprochene Frage, wie sie weiter mit der im Osten sehr starken AfD umgehen soll. Denn immer wieder stellen regionale CDU-Politiker das von der Bundespartei beschlossene Kooperationsverbot mit der AfD infrage. Am Donnerstag sorgten die beiden Fraktionsvize im sachsen-anhaltischen Landtag, Ulrich Thomas und Lars-Jörn Zimmer, damit für Aufregung.

Zwar widersprach die CDU-Spitzen umgehend. “Für alle noch einmal zum mitschreiben: Die CDU lehnt jede Koalition oder Zusammenarbeit mit der AfD strikt ab”, twitterte Generalsekretär Paul Ziemiak etwas genervt. “Das ist nicht nur meine Meinung, sondern Beschlusslage des CDU-Bundesparteitages”, betonte er - und erinnerte die Parteifreunde zum Nachlesen nochmals an die Nummern der damaligen Anträge - “C76, C101, C161 und C179”. Und auch in Sachsen-Anhalt widersprach der CDU-Landesvorsitzende Holger Stahlknecht umgehend seinen Kollegen. Noch am Donnerstagnachmittag kam der geschäftsführende Landesvorstand der CDU Sachsen-Anhalt zusammen. Und im sächsischen Görlitz hatte sich gerade ein CDU-Kandidat mit der Unterstützung sogar der Grünen und Linken gegen einen AfD-Politiker durchgesetzt.

Aber das ändert nichts daran, dass sich immer wieder CDU-Politiker finden, die das Kooperationsverbot mit der AfD infrage stellen - wie zuletzt der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen von der nationalkonservativen Gruppierung Werteunion. Obwohl die CDU-Landesvorsitzenden von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg eine Koalition mit der AfD ablehnen, spielt dies in die Hände von SPD, Grünen und FDP, die jedes Mal sofort eine Distanzierung fordern - und Zweifel schüren, ob die Christdemokraten im Osten nicht doch umkippen.

Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist angesichts der Stärke der AfD, aber auch der Linkspartei im Osten unklar, wie nach den Landtagswahlen überhaupt Koalitionen in Dresden, Potsdam und Erfurt gebildet werden können. Denn bei der Europawahl lag die AfD in Sachsen und in Brandenburg als stärkste Partei vor der CDU. Der brandenburgische CDU-Vorsitzende Ingo Senftleben hatte deshalb schon vor Monaten zumindest Gespräche mit der Linkspartei und der AfD nicht ausgeschlossen - allerdings mit einem entscheidenden Unterschied gegenüber Maaßen: Die CDU solle zwar nach den Wahlen mit Allen sprechen - mit der AfD aber ausdrücklich eben nicht über eine Regierungsbildung. “Mit der AfD gibt es sowohl personell als auch inhaltlich so deutliche Unterschiede, dass ich mir nicht vorstellen kann, wo da Gemeinsamkeiten mit der CDU liegen sollten”, sagte Senftleben am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die AfD etwa in Brandenburg fahre einen klaren Rechtsaußen-Kurs.

INNERPARTEILICHE SPANNUNGEN IN CDU

Zweiter Grund für die wabernde Debatte sind allerdings gravierende inhaltliche Differenzen etlicher CDU-Politiker gerade im Osten mit dem Kurs der Bundespartei - was es für CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sehr schwierig macht. Nach der Flüchtlingskrise 2015 pochten vor allem die CSU und die Konservativen in der Union auf einen Rechtsruck. Die letzten Wahlen zeigten aber, dass die Union vor allem im Westen mindestens so viele Wähler auch an die Grünen verliert. Sogar in Bundesumfragen liegt die Öko-Partei heute oft an erster Stelle.

Kramp-Karrenbauer hat deshalb in einem “Zeit”-Gastbeitrag gerade eine umweltpolitische Aufbruchstimmung in der CDU gefordert. Auch die CSU hat mittlerweile ihren Kurs korrigiert. Aber im Osten zieht genau dieses Umweltthema bei den eigenen Anhängern wenig. Im Gegenteil: Nach Meinung der Demoskopen profitiert die AfD dort sogar von einem sehr kritischen Kurs gegenüber den klimapolitischen Festlegungen von Union, SPD und Grünen. Das gilt vor allem für die Braunkohlereviere etwa in Sachsen, wo der Kohleausstieg nicht als Notwendigkeit, sondern als Bedrohung wahrgenommen wird.

Auch die beiden CDU-Politiker in der Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt fordern einen Kurs nach rechts. “Es muss wieder gelingen, das Nationale mit dem Sozialen zu versöhnen”, heißt es laut “Mitteldeutscher Zeitung” im Strategiepapier der beiden. Dabei hatte die CDU-Chefin gerade nochmals die grundsätzlichen Differenzen zur AfD nach dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke deutlich gemacht: Man könne “ganz deutlich sehen, wie Entgrenzung auch von Sprache, wie Hass und Hetze, wie sie auch von der AfD und von Verantwortlichen der AfD betrieben wird, Hemmschwellen so absenkt, dass sie augenscheinlich in pure Gewalt umschlagen”, sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwoch in Paris. Am 16. Juli will sie nun mit den Kreisvorsitzenden der CDU Sachsen über den weiteren Kurs diskutieren.


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