Geld und Neugier, das sind zwei Dinge, die zusammen eine Frage ergeben: Wofür gibt man sein Vermögen aus, wenn man so viel davon hat und so gwundrig ist?
Dieter Meier, 1945 als Sohn eines vermögenden Bankiers geboren, hat sich erst gequält mit dem Geld und auf der Jagd nach mehr. In seiner Jugend zockt er an den Pokertischen in Zürich, Abend für Abend. Jedes neue Blatt fühlt sich an wie ein neues Schicksal. Sein wirkliches Leben: Nebensache. "Morgen höre ich auf, habe ich mir jeden Tag gesagt", erzählt Meier, "und habe mich permanent angelogen."
Es dauert drei Jahre, bis er die Sucht besiegt, indem er süchtig nach anderen Dingen wird, guten Dingen. Ende der 1970er Jahre trifft er in einem Plattenladen Boris Blank, die beiden begeben sich in ein Testlabor für Autos und komponieren aus den Geräuschen der Maschinen experimentelle Musik – so entsteht ihre Elektropop-Band Yello, mehr als zwölf Millionen Platten und CDs verkaufen die beiden in den folgenden Jahren. Meier könnte allein davon gut leben.
Nebenbei macht Meier sich mit Kunstprojekten einen Namen, die man sinnlos oder hintersinnig nennen kann – etwa als er auf einem Platz in Zürich Hunderttausende Schrauben abzählt oder als er mit Gold Gullideckel veredelt. Es passt zu ihm, dass er für ein gutes Foto in seinem Wohnzimmer auf ein Karussellpferd steigt und dabei Golf spielt.
Fragt man Meier, der auch Filme macht und Kinderbücher schreibt und Uhren fabriziert, wie er auswählt, wofür er sein Geld ausgibt, erklärt er das mit einem Bild: Er sitze am Ufer eines Flusses und warte, was der so vorbeitreibe. Und manchmal springe er hinein. "Ich fische spontan etwas heraus, was mein Interesse weckt", sagt Meier, "und bin dann überrascht, mit welcher Hartnäckigkeit ich es festhalte."
Zufall nennt er es, dass er in Mittelamerika Kaffee anbaut und nun auch noch Kakao; ein Forscher hat ihm von einer neuen Methode erzählt, Schokolade herzustellen – also hat Meier sich in Costa Rica Land gekauft. Und seinen Wein, der in Argentinien wächst, lässt Meier auf Anraten eines Freundes in kleinen Fässern reifen, anstatt in großen Tanks. "Nicht aus kommerziellen Erwägungen, sondern um das Aroma jedes Hektars eines Rebbergs kennenzulernen."
Das Geld hat Meier aber auch schon oft in Versuchung gebracht: Vor einigen Jahren investierte er in eine Firma im Silicon Valley, die neuartige digitale Mischpulte herstellte. Das Geschäft lief nicht, das Unternehmen brauchte immer mehr Geld. Ein "irrsinniger Druck" sei das gewesen, sagt Meier, "da habe ich lieber mit großem Verlust verkauft".
Heute macht Meier mit seinem Geld nur noch, was ihn begeistert. Das merkt man, wenn er durch sein neues Ecklokal in Berlin führt. Wo jetzt noch Schutt liegt und Putz von den Wänden bröckelt, sieht er schon Vintage-Möbel und die lange Bar und die Tische mit feinen Gedecken stehen. "Das wird elegant", ruft Meier, um den Lärm der Presslufthämmer zu übertönen, "vom Stil her: Grunge Titanic."
Meier weiß, was man mit Geld machen kann, um glücklich zu sein – auch weil er Menschen kennt, die daran scheitern. Zum Beispiel jene reichen Erben, die er auf ihrer Jacht besucht hat. Eines Abends verfielen sie in Aktionismus, weil der Champagner ausgegangen war. Also flogen sie mit ihrem Helikopter kurz an Land, um den dringend benötigten Dom Pérignon zu kaufen. Glücklich habe sie das nicht gemacht, höchstens etwas weniger nervös. "Viele Menschen, die im Reichtum ertrinken", sagt Meier, "sind im Grunde sehr arme Seelen." Er zählt nicht mehr dazu.
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