„Haben private Jachten zur Verfügung“: Dresdner Flüchtlingstretter über seine Motive und Schlepperei

  09 Juli 2019    Gelesen: 651
  „Haben private Jachten zur Verfügung“: Dresdner Flüchtlingstretter über seine Motive und Schlepperei

Das Schiff der im Mittelmeer tätigen Rettungsorganisation „Mission Lifeline“ aus Dresden wurde noch im Mai beschlagnahmt. Private Jachten derjenigen, die „schon das nötige Kleingeld“ haben, helfen laut Gründer Axel Steier weiter. Im Gespräch mit Publizist Gabor Steingart distanziert er sich von den Schleppern, lässt aber viele Fragen offen.

Eigentlich war das einzige Großschiff der „Mission Lifeline“ im Hafen von Malta Mitte Mai wegen der nicht korrekten Papiere beschlagnahmt worden und die Organisation mit etwa 500 Menschen hatte kaum noch die Möglichkeit, ihre Tätigkeit weiter auszuüben. Doch die Organisation hat schon „private Jachten zur Verfügung gestellt bekommenund sich ein etwas kleineres Ersatzschiff besorgt“, sagt der Gründer der Nichtregierungsorganisation gegenüber Gabor Steingart für dessen Morning Briefing Podcast.

Die „nicht ganz so protzigen Jachten“, also die Allerwelts-Jachten, würden von Menschen stammen, die schon „das nötige Kleingeld haben, um sich eine Yacht leisten zu können“, so der als Einzelhändler tätige Sachse. Sobald die Bauarbeiten auf dem neu besorgten Schiff vorbei seien, werde auch dieses eingesetzt werden. Auf die Frage, wieviel Geld die Organisation über die Spenden bekommt, lautete die Antwort: 300.000 Euro. Die Bilanz für das letzte Jahr lasse noch auf sich warten.

Für die Vorbereitung braucht man laut Steier etwa zwei Monate Zeit, um das Geld einzusammeln, und von zehn bis 18 Leute Besatzung. Und dann fahre man einfach von Malta in einem „Suchrythmus“ ins offene Meer und wenn man Glück habe, dann finde man Flüchtlinge. Bisher habe seine Organisation 1019 Menschen gerettet, die Daten sollen dann bei jeder Rettung an die Maritimen Rettungskoordinierungszentrengeschickt werden.

„Den Schleppern ist es egal, ob die Menschen ankommen“

Steier bezeichnet seine Tätigkeit als eine rein humanitäre Mission, jede politische Verflechtung dementiert er. Seine Motive erklärt er damit, dass er schon 2015 auf dem Balkan geholfen habe. Die Menschen hätten sich dann eine gefährlichere Fluchtroute über das Zentrale Mittelmeer ausgesucht, nämlich über Libyen, wo ihnen in Internierungslagern „Folter und Vergewaltigungen drohen“. „

Wir haben die Möglichkeit hier im Westen, uns das leisten zu können, und werden es machen“. Als die Mauer gefallen sei, habe Steier sich sehr über die Freiheit gefreut. Ein Stück Freiheit wolle er nun weitergeben.

Wie geht er mit der Kritik um, dass die Hilfsorganisationen nur die Schlepperei fördern würden? Schließlich locken die Schlepper auch damit, dass ihre Route angeblich funktioniere, weil die Seenotrettung aktiv sei.

„Die Schlepper gibt es, weil es die Nachfrage gibt“, kontert Steier darauf. „Weil es kein geordnetes System gibt, wie man Asyl beantragen kann, weil es unsichere Fluchtwege gibt, greifen die Menschen auf Schlepper zurück.“ Die größten Ankurbler sind seiner Meinung nach die Politiker, die es verhindern würden, dass „die Menschen ein Asyl oder einen sicheren Fluchtweg zustande kriegen.“

Den Schleppern sei es egal, ob die Menschen ankommen würden, die hätten ihr Geschäft schon am Strand gemacht, und da interessiere sie nichts weiter. Die Flüchtlinge seien sich aber dessen bewusst, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ertrinken würden. Die Rettungsorganisationen seien wie die Feuerwehr, die Politiker müssen aber Entscheidungen liefern, so seine Botschaft. Anschließend fordert Steier, dass die Politiker auch in Afrika humanitär aktiver werden und die Fluchtursachen bekämpfen.

In den letzten Wochen hatte der Fall von Carola Rackete für viel Aufsehen gesorgt, als die Sea-Watch-Kapitänin im italienischen Hafen von Lampedusa angelegt hatte und dann festgenommen wurde. Anders als in Lampedusa ist der Zugang zum Hafen von Malta beim Einreichen der notwendigen Dokumente für die Rettungsschiffe frei. Die Bundesregierung zeigte sich bisher verbal zwar einsatzbereit für die Flüchtlinge im Mittelmeer, hat aber weder für deren Rettung noch gegen die Fluchtursachen etwas unternommen. Innenminister Horst Seehofer forderte am Wochenende von Matteo Salvini erneut die Öffnung von Häfen und wurde sofort zurückgewiesen. „Wenn Europas Anschieber Nummer Eins Europas Abschieber Nummer Zwei Abschieberei vorwirft, ist das nur noch peinlich. Statt herumzuheuchlen, muss die Bundesregierung endlich die Fluchtursachen bekämpfen: Ausbeutung, unfairen Handel und Kriege“, kommentierte den Vorfall der prominente Nahost-Experte Jürgen Todenhöfer.

sputniknews


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