Wie die Zeitung „Die Welt“ schreibt, kursiert in der Partei ein Aufruf. Darin heißt es: „Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei.“ Was das heißt, wird deutlich formuliert: „Die überwiegend bürgerliche Mitgliedschaft von mehr als 35.000 Personen lehnt den exzessiv zur Schau gestellten Personenkult um Björn Höcke ab“.
Laut „Welt“ haben fünf Mitglieder des Bundesvorstands unterzeichnet, darunter die drei Stellvertreter Glaser,Gottschalk und Pazderski. Die beiden Parteivorsitzenden Meuthen und Gauland sind nicht dabei, ebenso wie die Fraktionschefin im Bundestag, Weidel.
„Der Osten steht auf“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft den „Flügel“ als Verdachtsfall ein und argumentiert, es gebe „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen.“
Der „Flügel“ hatte sich zuletzt in Leinefelde in Thüringen versammelt – zum jährlichen Kyffhäusertreffen. Dieses Mal stand die Veranstaltung unter dem Motto „Der Osten steht auf“. Journalisten waren nicht zugelassen, vieles wurde aber live gestreamt. Brandenburgs AfD-Landeschef rief den Teilnehmern auf dem Treffen zu: „Widerstand tut not in diesem Land, sonst werden wir dieses Land verlieren.“
Doch der gemeinsame Aufruf, aus dem die „Welt“ zitiert, richtet sich vor allem gegen den Auftritt von Höcke. Er kündigte an, selbst für den Bundesvorstand zu kandidieren, sollte Thüringens Ministerpräsident Ramelow (Linke) bei der Landtagswahl im Herbst abgewählt werden und die AfD „Geschichte schreiben“. Jedenfalls könne er so oder so versichern, dass der aktuelle Bundesvorstand nicht wiedergewählt werde.
„Der Flügel ist gefährlich“
Der zurückgetretene NRW-Landesvorsitzende Seifen warnt mit Nachdruck vor dem Flügel. Er sagte im Deutschlandfunk, der Flügel sei „gefährlich“. Höcke locke mit seinem Personenkult viele Menschen an, „die sich irgendwas versprechen von charismatischen, rauschhaften Zuständen“. Seifen betonte, ihm sei klar geworden, dass der Flügel von Höcke gegründet worden sei, um sich eine eigene Machtplattform zu schaffen und über die Grenzen der Bundesländer hinweg seinen Einfluss geltend zu machen.
Auch die Loyalität des Co-Vorsitzenden in Nordrhein-Westfalen, Röckemann, habe in erster Linie dem Flügel gegolten. Eine vernünftige Arbeit sei daher im Landesvorstand nicht möglich gewesen.
„Ich bin ein bürgerlich-konservativer Politiker“
Seifen zeigte sich zugleich überzeugt, dass sich die Flügel-Anhänger nicht durchsetzten. In der AfD seien die bürgerlich-konservativen Kräfte in der Mehrheit, die eine patriotische Einstellung hätten und eine Politik für dieses Land machen wollten. Er gehe zudem aus, dass auf dem NRW-Landesparteitag am 6. Oktober der gesamte Vorstand neu gewählt werde. Röckemann und die beiden anderen verbliebenen Vorstandsmitglieder stünden unter dem Druck der Basis.
Zuletzt hatte die AfD-Bundesspitze den Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen aufgefordert, den zwölfköpfigen Vorstand neu zu wählen und das mit dem Ultimatum des 6. Oktober verbunden. Andernfalls werde der zurzeit verbliebene Dreiervorstand um den Politiker Röckermann der Ämter enthoben.
Inhaltliche Radikalisierung
Unsere Hauptstadt-Korrespondentin Nadine Lindner hat die Lage in der AfD vor einigen Tagen so kommentiert: „Die Partei radikalisiert sich inhaltlich, Selbstreinigungskräfte versagen. Die Bundesspitze treibt nun die Sorge um, die Partei könnte von Rechtsextremen unterwandert werden. Diese Sorge kommt reichlich spät. Die AfD entfernt sich in diesen Tagen wieder einmal ein Stück weiter vom von ihr selbst definierten Bild einer bürgerlich-konservativen EU-kritischen Partei.“
Deutschlandfunk
Tags: