McAllister sagte im Deutschlandfunk , Johnson müsse sich nun dem Realitätstest stellen. Der neue Premierminister habe eine enorme Verantwortung und werde hoffentlich dafür sorgen, dass der Brexit im einem geordneten Verfahren ablaufe. Es stehe sowohl für die EU als auch für Großbritannien sehr viel auf dem Spiel. Ein Austritt aus der EU ohne Abkommen wäre aber für Großbritannien viel härter, betonte McAllister.
Johnson hat oft „Tatsachen verdreht“
Zur Kritik an Johnson sagte McAllister, Johnson habe „seine ganz eigene Rhetorik“ und er habe besonders im Brexit-Wahlkampf oft Tatsachen verdreht und mit Halbwahrheiten operiert. Aber jetzt müsse man akzeptieren, dass er heute neuer britischer Premierminister werde. Deshalb müsse die Europäische Union versuchen, vernünftig mit ihm zusammenzuarbeiten.
„London hat drei Jahre nicht regiert“
Auch der Publizist Thomas Kielinger warf Johnson vor, „Halbwahrheiten“ zu lancieren. Großbritannien habe „eine bessere Qualität von Leadership verdient“, sagte Kielinger im Deutschlandfunk (Audio-Link). Das Land stecke in der Krise. „Es ist drei Jahre lang nicht regiert worden, während man sich ewig über Brexit zerfleischt hat.“ Jetzt sei es wichtig, dass eine innenpolitische Agenda aufgebaut werde. Dafür halte aber eigentlich niemand Johnson für geeignet.
Kielinger erwartet, dass Johnson in kürzester Zeit als Premierminister scheitern wird. Innerhalb der nächsten drei Monate werde er über seine eigenen Pläne eines „No Deal“ stolpern, erklärte der langjährige London-Korrespondent der „Welt“. Denn für einen Austritt aus der EU ohne Abkommen gebe es im Parlament keine Mehrheit. Es gebe dann nur zwei Alternativen: Neuwahlen oder ein zweites Referendum.
Johnson hält am Brexit zum 31. Oktober fest
Johnson hatte sich in der Urwahl unter den knapp 160.000 Mitgliedern der Konservativen Partei klar gegen Außenminister Jeremy Hunt durchgesetzt. Etwa 92.000 Tories stimmten für Johnson. Hunt, erhielt rund 47.000 Stimmen.
Nach der Entscheidung sagte Johnson, als Premierminister werde er den Brexit umsetzen, das Land einen und die Labour-Opposition besiegen. Als Termin für aus EU-Austritt werde man am 31. Oktober festhalten, ob mit oder ohne Abkommen. Brexit-Minister Barclay erklärte, das Ergebnis sei ein klares Mandat für Johnsons Ansatz für den geplanten EU-Austritt.
Der Labour-Vorsitzende Corbyn betonte dagegen, Johnson habe nicht das ganze Land hinter sich gebracht. Deshalb müsse es Neuwahlen geben. Die scheidende Premierministerin May sicherte dem neuen Tory-Vorsitzenden Unterstützung zu.
In der bisherigen Regierung hatte es Widerstand gegen Johnson gegeben. Am Montag erklärte der proeuropäische Außenstaatssekretär Alan Duncan seinen Rücktritt. Am Wochenende hatten bereits Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke ihren Rücktritt für den Fall von Johnsons Sieg bei der parteiinternen Wahl angekündigt. Es wird erwartet, dass Johnson auch weitere Änderungen am Kabinett vornimmt.
Verhaltene Reaktion der EU
EU-Kommissionspräsident Juncker gratulierte Johnson und erklärte seine Bereitschaft, mit dem neuen britischen Premier „auf bestmögliche Weise“ zusammenzuarbeiten. Seine Nachfolgerin von der Leyen sagte in Paris, es gebe viele schwierige Herausforderungen, die man gemeinsam angehen müsse. Brexit-Chefunterhändler Barnier sagte, er freue sich darauf, „konstruktiv“ mit Johnson zusammenzuarbeiten, „um die Ratifizierung des Austrittsabkommens zu erleichtern und einen geordneten Brexit zu erreichen“.
US-Präsident Trump begrüßte die Entscheidung für Johnson als „großartig“. Er erwartet, dass Johnson „einen bessern Job machen“ werde als seine Vorgängerin.
„Sexist und Rassist“
Eine scharfe Warnung kam indes vom außenpolitischen Sprecher der Linken, Liebich. Johnson sei kein lustiger Clown, twitterte er, sondern ein Sexist und Rassist. Damit passe er zwar gut zu Donald Trump, aber für Europa sei seine Wahl eine weitere schlechte Nachricht.
FDP-Chef Lindern hält Johnson im Vergleich zu US-Präsident Trump für noch unberechenbarer. Als Europäerinnen und Europäer müsse man sich auf unruhige Zeiten einstellen, führte er aus. Er habe nicht den Eindruck, dass Johnson wisse, was genau er mit seiner neu gewonnenen Macht anfangen solle.
Deutschlandfunk
Tags: