Die Wahlrechtsreform muss kommen - darüber sind sich alle im Parlament vertretenen Parteien einig. Wie sie aber aussehen soll, darauf können sich die Abgeordneten nicht verständigen. Erst im April war ein erneuter Versuch der Reform gescheitert. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) hat darauf reagiert und vorgeschlagen, die Wahlrechtsreform auch ohne die Union anpacken zu wollen. Die Parlamentarier von CDU/CSU zeigen sich empört.
"Eine Wahlrechtsreform ohne die Stimmen von CDU und CSU, also der stärksten parlamentarischen Kraft im Parlament, durchführen zu wollen, ist eine Provokation, aber kein ernstzunehmender Ansatz", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller. Weder die SPD noch die anderen Parteien hätten sich bei diesem Thema bisher kompromissbereit gezeigt.
Oppermann hatte zuvor eine neue Initiative für eine Wahlrechtsreform verlangt, nachdem alle bisherigen Versuche gescheitert sind. "Keine Reform des Wahlrechts hinzubekommen, ist keine Option", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Da die Union bislang einen Kompromiss verweigere, müsse man notfalls andere Bündnispartner suchen.
Grüne und FDP zu Gesprächen bereit
Sein SPD-Unterbezirk habe die Bundestagsfraktion aufgefordert, einen neuen Anlauf zu unternehmen und dabei auch mit Grünen, FDP und Linken zu verhandeln, wenn die Union sich weiter querstelle. "Ich hoffe, dass meine Fraktion das tun wird", sagte Oppermann. Grüne und FDP haben sich bereits zu Gesprächen bereiterklärt.
Müller sagte dazu: "Mich wundert vor allem, dass Thomas Oppermann weder als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion noch als deren Fraktionsvorsitzender gerade beim Thema Überhang- und Ausgleichsmandate zu Zugeständnissen bereit war. In seiner aktuellen Position scheint er das vergessen zu haben."
Schon in der vergangenen Wahlperiode hatten sich die Fraktionen im Bundestag nicht auf eine Wahlrechtsreform einigen können. Die Folge: Bei der Wahl 2017 schwoll das Parlament auf 709 Abgeordnete an, regulär wären es nur 598. Im April fand eine von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingesetzte Arbeitsgruppe erneut keinen Kompromiss. Dafür gaben SPD, FDP, Grüne und Linke der Union die Schuld, da sie sich weigert, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren.
spiegel
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