Staatsanwaltschaft geht von Mord aus

  30 Juli 2019    Gelesen: 685
Staatsanwaltschaft geht von Mord aus

Im Fall des tödlichen Angriffs auf einen Achtjährigen im Frankfurter Hauptbahnhof hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl wegen Mordes beantragt. Der mutmaßliche Täter, ein 40-jähriger Eritreer, soll noch heute dem Haftrichter vorgeführt werden.

Bei dem Termin werde entschieden, ob der Mann in Untersuchungshaft komme, teilte die zuständige Oberstaatsanwältin in Frankfurt am Main mit. Die Staatsanwaltschaft habe Haftbefehl wegen Mordes und zweifachen Mordversuchs beantragt. Zum Motiv gebe es weiter keine Erkenntnisse, da der Mann sich nicht geäußert habe. 

Der Tatverdächtige ist den Angaben zufolge verheiratet und dreifacher Familienvater. Er soll seit 2006 in der Schweiz leben und vor wenigen Tagen mit dem Zug von Basel nach Frankfurt gereist sein. Es gibt demnach bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann bei der Tat unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen gestanden hat.

Der 40-Jährige hatte gestern im Frankfurter Hauptbahnhof eine Frau und ihren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden ICE gestoßen und dies bei einer 78-jährigen Frau versucht. Das Kind wurde vom Zug erfasst und starb. Die Mutter konnte sich retten.

Seehofer tritt vor die Presse

Bundesinnenminister Seehofer will sich am Nachmittag auf einer Pressekonferenz äußern. Er hatte gestern seinen Urlaub unterbrochen, um sich angesichts „mehrerer schwerwiegender Taten in jüngerer Zeit“ mit den Chefs der Sicherheitsbehörden beraten. Bei den Gesprächen in Berlin soll es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch um Angriffe und Drohungen gegen Vertreter der Linkspartei, Bombendrohungen gegen Moscheen und den rassistisch motivierten Angriff auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach gehen.

Der CDU-Innenpolitiker Amthor sagte der Deutschen Presse-Agentur, nach der „furchtbaren Straftat“ brauche es „rasche und spürbare Konsequenzen für den Täter“. Zusätzlich zum Strafverfahren sollte auch über aufenthaltsbeendende Maßnahmen diskutiert werden. Darüberhinaus sei er „offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren Bahnhöfen“, erklärte Amthor. 

Der SPD-Verkehrsexperte Burkert bemängelte in der „Bild“-Zeitung eine unzureichende Aufsicht an den Bahnsteigen. Außerdem fehle es an den Bahnhöfen an Bundespolizisten. Einen Umbau der Bahnhöfe halte er aber nicht für nötig, sagte Burkert. „Es würde reichen, wenn wieder Normalität durch Polizei und Aufsicht geschaffen würde.“

Einbau technischer Sperren schwierig

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Radek, warnte demgegenüber, solch „grauenhafte Verbrechen“ ließen sich nicht durch mehr Polizisten verhindern. Er forderte stattdessen „über den Einbau technischer Sperren zu diskutieren, die den Zugang zu Gleisen erst ermöglichen, wenn der Zug bereits steht“. Solche Vorrichtungen gebe es etwa in Londoner Bahnhöfen.

Die Deutsche Bahn erklärte dazu gegenüber der „Bild“-Zeitung, die Forderungen, Bahnsteige nur noch für Ticketinhaber betretbar zu machen, seien zwar nachvollziehbar. Dies würde aber hunderte Millionen Euro kosten und zu Schlangen an den Bahnsteigen führen. Auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ erklärte, eine solche Forderung sei „logistisch kaum umzusetzen“.

„Eine Menschlichkeitslücke“

Auch die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, die saarländische Ressortchefin Rehlinger (SPD), zeigte sich skeptisch. „Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine Menschlichkeitslücke“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Deshalb sollte man auch nicht den Anschein erwecken, irgendeine Sicherheitsmaßnahme könnte das garantiert verhindern.“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Herbst sagte der „Bild“-Zeitung, eine „noch gezieltere Videoüberwachung und mehr Sicherheitspersonal auf den Bahnhöfen“ würden das Sicherheitsniveau erhöhen. Absolute Sicherheit werde es aber nie geben.

Die Grünen-Verkehrspolitikerin Wilms rief Fahrgäste dazu auf, sich niemals zu nah an ein Gleis begeben. „Wenn sich alle an die Regeln halten, reichen diese Maßnahmen für eine sichere Benutzung der Bahnsteige aus“, sagte sie.

 

Deutschlandfunk


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