Biker sind häufig selbst am Unfall schuld

  31 Juli 2019    Gelesen: 656
Biker sind häufig selbst am Unfall schuld

Schwere Schutzkleidung, Airbag-Westen und Protektoren auf dem Rücken sollen Motorradfahrer bei Unfällen schützen. Doch schon bei geringen Geschwindigkeiten und einem Aufprall auf der Landstraße reicht das nicht, warnt ein Unfallforscher - etwas anderes könnte dagegen besser helfen.

Seit Jahrzehnten fährt Siegfried Brockmann selbst Motorrad. Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV) beurteilt sein eigenes Studienergebnis daher aus Sicht des Zweiradpiloten als eher enttäuschend: "Das ist sicherlich deprimierend." Brockmann und sein Team hatten sich tödliche Unfälle mit Motorradfahrern genauer angeschaut. Sie wollten wissen: Welche Verletzungen haben zum Tod geführt, und hat das Fahren in einer Gruppe Auswirkungen?

Gerade am Wochenende und bei schönem Wetter fahren Biker gerne im Pulk los. 2018 starben in Deutschland 619 Motorradfahrer im Straßenverkehr, besagen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. In Relation zu den gefahrenen Kilometern sind Motorradfahrer 21 Mal gefährdeter, im Straßenverkehr zu sterben, als Autofahrer. Dabei profitieren Motorradfahrer laut UDV-Studie nicht von den allgemeinen Fortschritten in der Verkehrssicherheit.

So schützt die übliche Kleidung mit Protektoren bei einem Aufprall auf ein Hindernis bereits ab einer Geschwindigkeit über 25 Stundenkilometer nicht vor lebensbedrohlichen Verletzungen. Die auf dem Markt derzeit verfügbaren Airbagjacken erweitern den Schutz nur bis zu einer Geschwindigkeit von rund 50 Stundenkilometern. "Wir müssen klar sagen, dass keine praktikable Schutzkleidung in der Lage ist, bei einem Aufprall mit üblicher Landstraßengeschwindigkeit eine tödliche Verletzung zu verhindern", sagt Brockmann. Dabei hat die Schutzkleidung nach seiner Meinung natürlich ihren Sinn. Besonders bei Stürzen auf den Asphalt - ohne Aufprall.

Fahrer müssten besser werden

Das große Verbesserungspotenzial sitze auf dem Motorrad, sagt Brockmann: Zwei Drittel aller getöteten Motorradfahrer auf Landstraßen hätten den Unfall selbst verursacht. Entweder, weil er oder sie in den Gegenverkehr geraten war, oder weil er oder sie in der Gruppe nicht den nötigen Abstand gehalten hatte. Etwas überraschend: Der unaufmerksame Autofahrer, der den Motorradfahrer übersieht, ist seltener als gedacht Unfallauslöser. "Hauptunfallgegner sind nicht Autos, sondern Motorradfahrer", sagt der Forscher. Der Experte sprach sich daher für ein verpflichtendes Fahrsicherheitstraining aus. "Gefahrenbewusstsein ist wichtig. Da haben wir einen großen Hebel." Aber ohne Zwang gehe es wohl nicht.

Für die Studie hatte Brockmann über 2000 schwere Zweirad-Unfälle ausgewertet. Bei den tödlichen Verletzungen war in 94 Prozent der Fälle der Brustkorb und in 63 Prozent der Kopf betroffen. "15 Prozent aller schweren Unfälle waren bei Gruppenfahrten. Das ist unterdurchschnittlich", so Brockmann. Angesichts dieser Tatsache warnt Brockmann auch davor sich auf die für Motorradjacken angebotenen Rückenprotektoren zu verlassen. "Die helfen auf der Rundstrecke. Doch die Bilder von Motorradrennen, bei denen die Fahrer nach schweren Stürzen und Rutschpartien aufstehen und weiterfahren, sind fatal. Auf Landstraßen gibt es keine Auslaufzonen."Er appelliert an die Biker, größere Sicherheitsabstände einzuhalten und versetzt zu fahren. "Eigentlich müsste ich sagen, dass Fahrer sollten noch größere Abstände einhalten, aber dann wäre es keinen Fahren in der Gruppe mehr."

Starben 2011 noch 708 Motorradfahrer bei einem Unfall in Deutschland, so waren es 2016 den Angaben zufolge 536 - und 2018 dann wieder 619. Auch bei den leicht- und schwerverletzten Fahrern schwanken die Zahlen. Nach 17.728 Schwerverletzten im Jahr 2010 lag dieser Wert im vergangenen Jahr bei 20.480. 2010 gab es 8606 leichtverletzte Motorradfahrer, 2018 waren es 10.320.

Quelle: n-tv.de, Carsten Linnhoff, dpa


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