Skoda Kodiaq RS - der kurvt die Großen weg

  02 Auqust 2019    Gelesen: 895
  Skoda Kodiaq RS - der kurvt die Großen weg

Als RS ist der Octavia das Erfolgsmodell von Skoda. Vor Kurzem haben die Tschechen das Rezept auf den Kodiaq übertragen und lassen den Bären jetzt mit 240 PS auf die Jagd gehen. Im Praxistest wollte n-tv.de erfahren, ob das Konzept aufgeht.

Mit dem Octavia im RS-Kleid hat Skoda seinerzeit einen Volltreffer bei den Kunden gelandet. Ein Auto, stimmig in allen Belangen und nun auch noch mit einem so potenten Triebwerk, dass man sogar die Großen auf der Autobahn ärgern kann. Das Ganze dann auch noch zu einem erstaunlichen Preis. Da wunderte es schon, dass die Tschechen sich geradezu zierten, dieses Konzept auf andere Modelle zu übertragen. Klar gibt es unterdessen als Alternative die Sportline-Modelle, aber das ist irgendwie nur der halbe RS.

Natürlich steht, und das darf nicht vergessen werden, die Übermutter VW hinter dem, was die RS-Modelle aus Mladá Boleslav so auszeichnet, die Motoren. Und die potenten Kraftwerke behält man eben gerne für sich oder gibt sie nach Ingolstadt, um Fahrzeuge mit den vier Ringen in Form zu bringen.

Der slidet ums Eck

Umso größer war die Freude, als Skoda verkündete, den Kodiaq als RS auf die Räder zu stellen. Der bärige Tscheche mit einem 2-Liter-Vierzylinder-Diesel mit doppelter Turboaufladung, 240 PS und einem maximalen Drehmoment von 500 Newtonmetern. Das ist dann in Summe auch schon die verbriefte Spaßgarantie, denn der 1,9 Tonnen schwere Kanten tritt mit unglaublicher Souveränität an, stemmt beim Katapultstart alle vier Tatzen in den Boden, um im Sportmodus und nach einem kurzen Luftholen der Turbos in 6,9 Sekunden auf Landstraßentempo zu beschleunigen. Dabei werden die sieben Gänge des Doppelkupplungsgetriebes in bekannter Art und Weise blitzschnell und ohne Unterbrechung nach oben und bei Bedarf auch nach unten geshiftet.

Aber der eigentliche Kracher ist, dass der Pilot den Kanten federleicht durch jede Kehre jagen kann. Anders als andere SUV, auch die der Premiumhersteller, wirkt der Kodiaq RS hier leichter, als das Datenblatt ausweist. Selbst wenn er voll beladen ist, gibt es bei schnellen Rechts-Links-Kombinationen keinen Versatz. Sogar das Sliden ums Eck mit leichter Drift lässt der RS zu. Große Augen beim Fahrer und bei den Umstehenden. Technisch wird der Pilot an dieser Stelle von der elektronischen Differenzialsperre XDS+, einer Funktion der Stabilitätskontrolle ESC unterstützt. Die ist übrigens auch aktiv, wenn das ESP komplett deaktiviert ist.

Keine Angst vorm dicken M

Und noch etwas zeichnet den großen Bären aus: Selbst wenn er auf der Jagd ist, wird er nie übermäßig laut. Klar knurrt der Diesel und am deutlichsten ist er im Bereich zwischen 140 und 150 km/h zu hören, aber er wird nie aufdringlich brummen oder durch einen Aktuator nerven. Klar, wer hier das Endrohrfeuerwerk eines Mercedes AMG oder BMW M erwartet, der wird enttäuscht sein. Wer aber den RS als das betrachtet und fährt, als was er mutmaßlich von den Tschechen erdacht wurde, als Understatement, der wird den Kodiaq RS so nehmen, wie er ist: als einen sportlichen Gentleman. Hammermäßig im Antritt und ausdauernd im schnellen Langlauf. Das Datenblatt weist hier als Vmax 221 km/h aus. Ja, da wird man schnell von den potenten Dickschiffen aus München und Stuttgart überholt. Aber der Witz ist, dass das Datenblatt an dieser Stelle ähnlich tief stapelt wie der RS selbst. Der Testwagen jedenfalls brachte es mit voller Ladung mit etwas Anlauf auf 241 km/h. Also auch hier besteht keine Angst, dass man an der teuren Konkurrenz nicht dranbleiben könnte.

Hinzu kommt ein durchaus angemessener Verbrauch. Nein, die von Skoda ausgewiesenen Werte von 5,6 bis 7,2 Liter über 100 Kilometer sind ausgemachter Quatsch. Aber mit 8,4 Litern auf der Landstraße und mit 10,3 Litern bei Dauerfeuer auf der Autobahn hat man definitiv nicht zu viel verbrannt. Das sind Werte, die mehr als achtbar sind. Im Test reicht der 60 Liter fassende Tank im besten Fall für eine Distanz von 750 Kilometern, im schlechtesten waren immer noch 590 Kilometer drin. Im letztgenannten Fall wurden aber auch größere Distanzen mit schwerem Fuß gefahren. Die beste Reisegeschwindigkeit lag übrigens bei Tempo 180, wenn der Fahrmodischalter auf Comfort gestellt war.

Ohne größere Rückmeldungen überlief der RS jetzt Querfugen und häßliche Schlaglöcher. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass die Spreizung des adaptiven Fahrwerks recht schmal ist. Wer also den krassen Unterschied zwischen Komfort und Sport erwartet, wird enttäuscht oder erfreut sein. Denn selbst wer im Dynamik-Rausch ist, muss nicht befürchten, dass die Gäste an Bord ungebührlich durchgeschüttelt werden.

Viel Platz zum kleinen Preis

Das liegt natürlich auch an den serienmäßig verbauten Integralsitzen für Fahrer und Beifahrer. Skoda hat es geschafft, die mit Alcantara bespannten Polster so zu gestalten, dass sich tatsächlich auch über 1000 Kilometer (mit einem Tank-Stop) am Stück abspulen lassen. Natürlich genießen über solche Strecken auch die Reisenden in der zweiten Reihe den skodatypischen Komfort: Platz ohne Ende! Mit großem Abstand rangiert der Kodiaq hier vor einem BMW X5 oder einem Mercedes GLE, einzig der Konzernbruder Seat Tarraco kann hier mithalten.

Ungeschlagen ist der Tscheche auch beim Kofferraum. Satte 835 Liter stehen den Reisenden hier zur Verfügung. Allerdings muss dafür die zweite Reihe ganz nach vorne geschoben werden. Was aber wirklich kein Problem ist, wenn die Passagiere dort nicht über 1,90 Meter groß sind. Wer die Lehne der Rückbank flach macht, wird auf ein Gesamtvolumen von 2065 Litern zugreifen können. Gäbe es jetzt noch eine Niveauregulierung, also ließe sich das Heck wie beim X5 oder GLE absenken, dann wäre die Beladung des Gepäckabteils noch einfacher.

Allerdings würde ein solches Feature in Form einer Luftfederung den Preis deutlich nach oben treiben, denn der Kodiaq RS geht mit exakt 49.990 Euro an den Start. Natürlich ist das nicht das Ende der Fahnenstange, denn neben der wirklich umfangreichen Grundausstattung gibt es doch einige empfehlenswerte Zutaten, auf die man nicht verzichten sollte. Dazu gehört zum Beispiel der adaptive Abstandsradar bis 210 km/h für 820 Euro; auch der Spurhalte-, Spurwechsel- und Ausparkassistent für 870 Euro sollte zugekauft werden. Beide verrichteten ihre Arbeit im Test ohne Fehl und Tadel, erleichterten das Gleiten auf der Autobahn und das Fahren im Stau sogar ungemein. Ob es die Canton-Soundanlage braucht, ist Ansichtssache. Sie kostet 490 Euro, hat einen super Klang, sorgt aber dafür, dass der Subwoofer sich im doppelten Boden des Kofferraums breit macht.

Bitte nicht knausern

Nicht knausern sollte man beim Infotainmentsystem. In Serie gibt es das Bolero, aber das Amundsen für 850 Euro sollte man schon nehmen, denn hier gibt es neben einem 8 Zoll großen Farbdisplay, SmartLink+, Sprachbedienung und Phonebox mit induktiver Aufladefunktion auch noch ein Navi, WLAN-Hotspot und 1 Jahr Online-Infotainment, was nicht nur Mitreisende auf langen Strecken bei Laune hält. Im Testwagen war sogar das Infotainmentsystem Columbus verbaut. Aber ob es im Auto einen DVD-Player und ein 9,2-Zoll-Bildschirm braucht, muss jeder für sich entscheiden. Auch, ob er dafür 1770 Euro zusätzlich ausgeben möchte.

Am Ende brachte es der Testwagen exakt auf einen Preis 53.440 Euro. Darin enthalten sind das Family-Paket mit abnehmbarem Abfallbehälter für die Türverkleidung, Sonnenschutzrollos für die hinteren Seitenscheiben, Türkantenschutz (sehr empfehlenswert bei Kindern!) und einer elektrischen Einstellung der Kindersicherung. Zudem gab es noch das Schlafpaket für 420 Euro, das fast so witzig ist wie die Regenschirme in den Türen von Fahrer und Beifahrer oder der Eiskratzer im Tankdeckel. Darin enthalten sind nämlich äußere Kopfstützen in der zweiten Sitzreihe mit Schlaffunktion, Schlafdecken, die in extra Taschen an der Rücklehne der zweiten Reihe untergebracht sind, Komfortfußmatten mit leichter Erhöhung und Akustikverglasung, die die Außengeräusche noch mal dämmt. Alles kein Muss, aber dennoch irgendwie simply clever.

Fazit: Der Skoda Kodiaq RS ist kein AMG oder M-Bolzer, aber er ist die ultimative Preis-Leistungs-Alternative. Für 50.000 Euro gibt es in dieser Größe und in dieser Klasse einfach mal keinen Mitbewerber. Zudem verspricht der Tscheche nicht nur Fahrspaß, er liefert ihn auch. Und wer keinen Wert auf ein Vmax jenseits der 250 km/h legt, dafür aber maximales Kurvenvergnügen sucht, kann hier auch nichts verkehrt machen. Ach so, nur weil es noch nicht erwähnt wurde: Der Diesel erfüllt selbstredend die EU6d-temp-Norm.

Quelle: n-tv.de


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