„Kinder brauchen Sprachvorbilder“

  06 Auqust 2019    Gelesen: 531
„Kinder brauchen Sprachvorbilder“

Für eine scharfe Kontroverse sorgt die Forderung des CDU-Politikers Linnemann, nicht deutschsprachige Kinder vom Grundschulbesuch auszuschließen. Sie „hätten dort noch nichts zu suchen“ und sollten später eingeschult werden, hatte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion erklärt. Aus Sicht des Grundschulverbands wäre dies kontraproduktiv.

Durch Separation entstehe keine Integration, sagte die Vorsitzende des Verbands und langjährige Schulleiterin, Lassek, im Deutschlandfunk (Audio-Link). Kinder, die später eingeschult würden, kämen nicht mit Gleichaltrigen zusammen. Ihnen fehlten dann Sprachvorbilder und die Möglichkeit, Deutsch im Umgang miteinander zu lernen.

„Bankrotterklärung der Politik“

Kritik kam auch vom Verband Bildung und Erziehung. Dessen Vorsitzender Beckmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, Kinder, die kein Deutsch könnten, nicht einzuschulen, sei eine Bankrotterklärung der Politik. Vielmehr brauchten die Kitas einen besseren Personalschlüssel und zusätzliche Sprachexperten. 

Der Deutsche Lehrerverband plädiert für verpflichtende Sprachtests lange vor der Einschulung. Verbandspräsident Meidinger sagte der Deutschen Presse-Agentur, in einigen Ländern gebe es bereits Ansätze dafür, aber leider passiere bei Defiziten dann zu wenig, auch weil ausgebildete Personen wie etwa Logopäden fehlten.

„Populistischer Unfug“

Auch innerhalb der eigenen Partei stieß Linnemann auf Kritik. Der frühere Generalsektretär der Partei, Polenz, twitterte spöttisch, er dachte bisher immer, dass man in der Schule beigebracht bekomme, was man noch nicht könne. Der Vorschlag sei „pädagogisch verkehrt und integrationspolitisch Unsinn“. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Widmann-Mauz (CDU), betonte in der „Rheinischen Post“, an der Schulpflicht gebe es nichts zu rütteln. Sie warb für mehr begleitende Sprachvermittlung an Grundschulen.

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Prien sprach in der „Süddeutschen Zeitung“ von „populistischem Unfug“. Gerade Christdemokraten sollten auf die soziale und gesellschaftliche Errungenschaft einer allgemeinen Schulpflicht hinweisen, sagte die CDU-Politikerin.

„Wichtige Debatte angestoßen“

Unterstützung erhielt Linnemann hingegen vom Vorsitzenden der Jungen Union, Kuban. Das sei ein richtiger Vorstoß. Wenn ein Kind eingeschult werden solle, müsse es Deutsch können. Alles andere sei falsch verstandene Toleranz, die niemandem weiterhelfe, meinte Kuban. Der CDU-Abgeordnete Hauer erklärte, Linnemann habe eine wichtige Debatte angestoßen. Wenn ein Kind – mit oder ohne Migrationshintergrund – zur Einschulung die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrsche, sollte man alles dafür tun, damit sich das schleunigst ändere.

„Auf Stimmenfang im rechten Sumpf“

Die Linken-Vorsitzende Kipping warf Linnemann vor, mit seinen Äußerungen „auf Stimmenfang im rechten Sumpf“ zu gehen. Die Grünen-Abgeordnete Müller meinte, Kinder von der Möglichkeit auszuschließen zur Schule zu gehen, sei nicht nur gegen geltendes Gesetz, sondern auch das unsozialste, was sie seit sehr langer Zeit habe lesen müssen. Die SPD-Bildungspolitikerin Völlers sagte der Deutschen Presse-Agentur, Linnemanns Aussagen seien zum „Fremdschämen“. 

Linnemann hatte mit Verweis auf „neue Parallelgesellschaften“ gesagt: „Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen“. Für betroffene Kinder schlug er eine Vorschulpflicht vor. Notfalls müsse eine Einschulung auch zurückgestellt werden. Den Begriff „Grundschulverbot“, unter dem die Debatte zunächst geführt wurde, weist Linnemann zurück. Er plädiere dafür, die Kinder vor der Einschulung sprachlich fit zu machen, betonte der CDU-Politiker.

 

Deutschlandfunk


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